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Dünner Liebestrank

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Einen Liebestrank, den ein Alter einnimmt, damit sich eine Junge in ihn verliebt, gibt es nicht Wenn aber der Alte auf der Herstellung solch eines Tranks unter Gewaltandrohung besteht? Dann bekommt er ihn, aber dafür wird ihm eingeredet, er dürfe während des Trinkens an keinen Bären denken, worauf er prompt die Vorstellung von Bären nicht loswird.

Diese komische, auf nicht sehr hohem Niveau theaterwirksame Szene fand Frank Wedekind in dem Buch „Der Cirkus und die Cirkuswelt” von Signor Domino, sie spielt zwischen dem Seiltänzer und Kunstreiter Schwiegerling und einem russischen Rittergutsbesitzer, dem der Zirkusmensch als Hauslehrer dient All das übernahm Wedekind in dem 1891/92 entstandenen, einzigen heiteren Stück, das er je schrieb, dem Schwank „Der Liebestrank”, der jetzt im Akademietheatergespielt wird. Er bot ihm Anlaß, seine Begeisterung für die Zirkuswelt szenisch umzusetzen, seine Bewunderung für die großartige Überlegenheit, mit der da die ständigen Gefahren gemeistert werden.

Doch setzte Wedekind konventionelle, abgebrauchte Mittel ein. So den Zirkusmenschen Schwigerling - hier ohne ie -, als Tausendsassa, der erklärt, überhaupt alles zu können, den vertrottelten Alten, Fürst Rogoschin,

der mit dem Liebestrank an der Nase herumgeführt wird, dazu zwei Erkennungsszenen - früher ein sehr häufri- ges Motiv -: Schwigerling erkennt in der Fürstin Rogoschin seine erste Frau, eine ehemalige Kunstreiterin, und im Kammerdiener Cölestin einen ehemaligen erfolglosen Schauspieler, mit dem der Zirkusmann in Paris befreundet war. Das wirkt gewaltsam, der letzte Akt versandet.

Das Stück wurde denn auch selten gespielt, ist wenig bekannt. Als Vorzug erweist sich die harte, knappe Diktion der Dialoge. Regisseur Ernst Seiltgen inszeniert die Sache, als sei sie von Arnold und Bach, fügt Mätzchen hinzu. Die Schauspieler sind auf sich gestellt Heinz Moog tappt als knutenschwingender Rogosclün im Gefängnis seiner Trottelhaftigkeit herum, Klausjürgen Wussow besitzt als Schwigerling Wendigkeit und Temperament, Eva Rieck ist als die von Rogoschin Begehrte ganz Anmaßung. Verhalten spielt Blanche Aubry die Fürstin, Edd Stav- janik und” Gabriele Buch haben Haltung. Das ansprechende Bühnenbild von Herbert Kapplmüller stellte die etwas schäbiggewordene Halle eines großen Gutshauses dar, seine Kostüme entsprechen nicht alle der Jahrhundertwende.

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