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Dem großen literarischen Werk Bertolt Brechts folgt nun der bedeutendste Kommentar dazu: das nachgelassene „Arbeitsjournal 1938 bis 1955“. Es gelang dem Suhrkamp-Verlag, die Arbeit für die Edition der drei Bände zum 75. Gebutrstag des Dichters rechtzeitig abzuschließen.

Beginnend im Juni 1938 und kurz vor seinem Tod im Jahre 1955 endend, umfaßt es einen Zeitraum von nahezu zwei Jahrzehnten. Es sind die Jahre außerordentlicher politischer Geschehnisse, die Brecht zur Emigration zwangen, nach Dänemark, Schweden, Finnland, in die USA, die ihn zurückkehren ließen in die Schweiz und schließlich nach Ost-Berlin. Geschehnisse, die sein Leben, seine Haltung, sein künstlerisches Engagement entscheidend prägten. Es sind auch die Jahre, in denen ein wesentlicher Teil seines Werkes entstand. Die Entstehung sprozesse sind hier ebenso einzusehen wie die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Brecht arbeiten mußte.

Brechts Eintragungen sind Selbstverständigungen über politische Ereignisse und über künstlerische Probleme. Es sind Protokolle über die Schwierigkeiten des Emigranten in den Stationen des Exils und über die Probleme der Theaterarbeit in Berlin. Zahlreiche Niederschriften halten die Auseinandersetzungen mit großen Künstlern und Theoretikern seiner Zeit fest.

Mit dem „Arbeitsjournal“ setzte Brecht nach langer Unterbrechung die — noch unveröffentlichten — „Tagebücher“ aus der Zeit der beginnenden zwanziger Jahre fort. Während in den früheren „Tagebüchern“ Privates den Vorrang hat, trägt das „Arbeitsjournal“ einen prinzipiell anderen Akzent. 1941 notierte Brecht: „Daß die Aufzeichnungen so wenig Privates enthalten, kommt nicht nur davon, daß ich selbst mich für Privates nicht eben sehr interessiere, sondern hauptsächlich davon, daß ich von vornherein damit rechne, sie über Grenzen von nicht übersehbarer Anzahl und Qualität bringen zu müssen. Dieser letztere Gedanke hält mich auch davon ab, andere als literarische Themen zu wählen.“

Die unmittelbare Verbindung, die Brecht zwischen Kunst und Politik sah, die Einfunktionierung der Kunst in den gesellschaftlichen Prozeß schließt zwangsläufig ein „rein“ ästhetisches Buch aus. Das „Arbeitsjournal“ ist im Gegenteil ein in setner Form wohl einzigartiges Dokument der Zeit.

Wie Brecht für Lyrik den dokumentarischen Anlaß oder Ausgangspunkt wünschte, so verwandelte er das Dokument auch im „Arbeitsjournal“ in gewichtiger Funktion: Er schnitt aus den Zeitungen und Zeitschriften der Zeit charakteristische Berichte, Aufsätze, Notizen, Headlines und Photographien aus von den Ereignissen in Europa und in der Welt und klebte sie zu den Tagebuchnotierungen. Private Photos geben dem Buch an einigen Stellen auch persönliches Kolorit. Das „Arbeitsjournal“ ist so angelegt, daß es Texte und Abbildungen getreu wiedergibt; die von Brecht bevorzugte Kleinschreibung ist beibehalten.

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