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Ein Bruderzwist im Hause Hartl

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Eine Verhandlung vor dem Einigungsamt Linz brachte es zutage: Im Büro des n sozialistischen Betriebsrita tsobmanees der. OKA XOberöster-., reichische Kraftwerke AG), Norbert Grabensteiner, sind an den Telephonen Abhörmuscheln installiert. Wenn der Betriebsratschef telephoniert, hören zwei Genossen mit. Nach beendigtem Telephonat wird vom Gespräch eine Gedächtnisnotiz aufgenommen und unterfertigt. Der Akt wandert in eine Geheimablage. Der Vorsitzende der Verhandlung vor dem Einigungsamt, Dr. Jörg Friedrich, vermied es peinlich, in das Wespennest tiefer hineinzustoßen, konnte sich aber die Bemerkung nicht verkneifen, was wohl Genosse Minister Broda sagen würde, wenn er von den Abhörvorgängen erführe ...

In großen Zügen freilich weiß der Minister bereits, was sich in den vergangenen Monaten unter SP-Funk-tionären in Oberösterreich abspielte. Denn noch vor Weihnachten soll sich auch ein Bundesschiedsgericht der SPÖ mit dem Fall befassen.

Im Juli laufenden Jahres hatte die OKA mit den Unterschriften der SP-Vorstandsdirektoren Josef Fridl (ehedem LH-Stellvertreter im Lande ob der Enns und nach der von der SP-Riege verlorenen Landtagswahl 1973 mit einem monatlich 73.000 S teuren Vorstandsposten im landeseigenen Elektroversorgungsunter-nehmen abgefunden) und Ing. Johann Stipanitz, den der SPÖ angehörenden Personaldirektor der Arbeiter, Landtagsabgeordneten und Bezirksparteiobmann von Ried im Innkreis, Josef Hemetsberger, fristlos entlassen.

Hemetsberger-Gönner SP-Chef Dr. Rupert Hartl befand sich zu dieser Zeit auf Urlaub in Kiew. Als er zurückkam, fand er die Bescherung zwar vor, konnte den eskalierten Zwist zum Bedauern seiner Parteifreunde jedoch nicht mehr aus dem Weg räumen.

Die Ursache des Parteihaders liegt im zwischenmenschlichen Bereich: OKA-Betriebsratsobmann Norbert Grabensteiner ersuchte seinen Personalchef Hemetsberger eines Tages um Erhöhung eines monatlichen Funktionspauschales. Hemetsberger gab dem Ersuchen nicht nach, der Betriebsrat räumte aufgeregt das Feld. Nach einer Reihe recht grober Beschimpfungen forderte Hemetsberger den OKA-Vorstand auf, Grabensteiner,- der ihn beleidigt haben soll, fristlos zu entlassen. Der Vorstand holte Rechtsgutachten ein. Sie besagten, die, Beleidigungen seien nicht öffentlich gefallen, für eine Entlassung gebe es also nicht die geringste Veranlassung.

Grabensteiner hatte Obei-wasser. Jetzt war er an der Reihe. Aus einem dicken Akt landete ein Gedächtnisprotokoll im Vorstandsbüro. Unterschrieben von vier SP-Betriebsräten. Es war die Niederschrift nach einem Telephonat, das Grabensteiner mit „Tagblatf'-Chefredakteur Hermann Czekal geführt hatte. Der Boß des sozialistischen Parteiorgans gab darin unumwunden zu, daß Hemetsberger im engsten Einvernehmen mit einem „Tagblatf-Redakteur einen Artikel geschrieben hatte, der die OKA bezichtigte, Millionen zum Fenster hinauszuwerfen. Es war dies jenes Protokoll, das bei der Verhandlung vor dem Einigungsamt in der vergangenen Woche zur Sprache kam.

Das Papier, das es im Original gar nicht mehr gibt, weil es so viele Rechtschreibfehler aufwies, daß man es in der Öffentlichkeit nicht präsentieren konnte, war dem OKA-Vor-stand Grund genug, Hemetsberger eine unternehmensschädigende Haltung vorzuwerfen und die fristlose Entlassung auszusprechen. Für den Landtagsabgeordneten, der durch sein Mandat 27.000 Schilling monatlich kassiert, ein erklecklicher Verlust, verdient er doch als Personalchef der OKA rund 36.000 Schilling im Monat, abgesehen vom Dienstwagen. Grund genug für Hemetsberger, mit aller Kraft zu rudern, damit die Entlassung nicht durchgehe. Die Verhandlung wurde auf den 26. November vertagt.

Auf seiten Hemetsbergers steht SP-Klubobmann Fritz Freyschlag und mit ihm immerhin die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer. Auf seiten Grabensteiners steht Landes-parteiobmann Dr. Rupert Hartl, hört man aus Kreisen der SPÖ.

Wie immer der Spruch des Einigungsamtes ausfallen wird: Der Fall stößt einen neuerlichen tiefen Keil in die von Führungskrisen nicht gerade verschont gebliebene SP Oberösterreichs. Eine Kluft tat sich damit auf, die nicht so bald geschlossen werden dürfte.

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