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Ein Hirngespinst des Sicherheitsrates

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Es ist kaum zu fassen, aber Realität: Bosniens Mehrheitsbevölkerung - die Moslems - findet sich nach Dutzenden UNO-Resolutionen in der Rolle der amerikanischen Urbevölkerung wieder. Man wird jetzt gut auf sie aufpassen - in Sarajewo, Bihac, Gorazde, Zepa, Srebrenica und Tuzla, wie die sechs von den letzten beiden Sicherheitsratsbeschlüssen als schutzwürdige Reservate bestimmten Gebiete heißen.

Unter Aufgabe aller Prinzipien - vor allem kleine Staaten, die keinem Militärbündnis angehören, werden sich das merken müssen! - hat der Sicherheitsrat mit der Reservatslösung für die Bosniaken die gewaltsame Zerschlagung eines Staatsgebildes zur Kenntnis genommen.

Der Vollständigkeit halber muß aber doch erwähnt werden, daß die Resolution vom vergangenen Freitag, die dem 824er-

Beschluß über die Errichtung von Schutzzonen militärische Durchschlagskraft verleihen soll, verbal gut klingt. Aber: die serbischen Tschetniks lassen die UNO-Blauhelme nicht in die Schutzzonen hinein, die UNO-Soldaten sind natürlich bei der momentanen Stärke nicht bereit, sich für die Bosniaken abknallen zu lassen; so sind wohl auch die Moslem-Reservate gegenwärtig nichts anderes als ein Hirngespinst des Debattierklubs in New York.

Die „Sicherheitszone" Gorazde ist weiterhin von Tschetniks eingeschlossen und wird pausenlos beschossen. In Srebrenica ist - unter UNO-Bewachung - Friedhofsruhe eingekehrt. Maglaj steht weiterhin unter Artilleriefeuer, ebenso ergeht es GradaCac und Bfcko. Mostar und Travnik sind von Kroaten umkämpft. An die „Sicherheit" Sarajewos hat man sich mittlerweile schon gewöhnt.

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