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Ein neuer Gegner für Kery

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Am 27. Mai wird der tatkräftige und selbstbewußte Mat-tersburger Richter Franz Sauerzopf aus den Händen von Franz Soronics ein schweres Erbe übernehmen: Die burgenländische Volkspartei. Nach einer monatelang geführten Soronics-Nachfol-ge-Debatte, der erfreulicherweise im Vergleich zu so manchen anderen Personalentscheidungen die üblichen Peinlichkeiten erspart geblieben sind, haben die schwarzen Königsmacher im Burgenland die Weichen gestellt.

Daran, daß Franz Sauerzopf am 27. Mai mit großer Mehrheit neuer Landesparteiobmann und Günther Widder, der bisherige Bauernbund-direktor, neuer Parteisekretär wird, kann nicht gezweifelt werden. Bleibt die Frage, ob Sauerzopf der Mann ist, dem es einst gelingen wird, in jenem Bundesland, in dem

als einzigem die Mehrheitsverhältnisse nach 1945 umgekehrt wurden, die politische Hauptverantwortung und damit den Landeshauptmann für seine Partei zurückzuerobern.

In der Reihe der zahlreichen für die Soronics-Nachfolge genannten Politiker ist Sauerzopf vermutlich der chancenreichste Kandidat: Er wird der jüngeren Politiker-Generation (Jahrgang 1932) zugerechnet; als Richter und Lehrer besitzt er eine gewisse Menschenkenntnis und einen großen Bekanntenkreis; er gibt sich als intellektueller, belesener Typ, der aber gleichzeitig den richtigen Draht zum einfacheren Wähler zu bewahren versucht; er ist Katholik, aber ein „sehr liberaler“, wie er betont, und möchte gegen die ParteibüchUHerrschaft und die Ubermacht der Kammern zu Felde ziehen.

In den ersten Monaten seiner neuen Tätigkeit möchte sich Sauerzopf fast ausschließlich der Reorganisation der Parteibasis widmen, ein Faktum, daß er ungeachtet der damit verbundenen schlechten Zensuren für seinen Amtsvorgänger immer wieder unterstreicht. In dieser ersten Aufbauphase hat er sich persönlich zwei Hauptziele gesteckt: Die Schwächen im Parteiapparat sollen beseitigt werden; die Volkspartei soll ein sympathischeres, offeneres Verhältnis zu den Randschichtenwählern gewinnen.

Als eines seiner Ziele nennt Sauerzopf auch das „Zurückdrängen der bündischen Struktur der VoWcs-partei“. Hier stellt sich freilich die Frage: Will er nur eine bessere Koordination auf organisatorischer Ebene erreichen, so wird er Erfolg haben, will er aber die Gesamtpartei auf Kosten der in der ÖVP traditionell starken und untereinander eifersüchtig über Einflußbereiche wachenden Bünde stärken, wird er sich genauso wie mancher andere ÖVP-Politiker die Zähne ausbeißen. Schließlich ist auch die Personalentscheidung Sauerzopf-Widder zu einem guten Teil eine Lösung der bündischen Königsmacher.

Vorläufig steht die gesamte neue ÖVP-Führung vor der entscheidenden Frage, ob Anfang 1979 Neuwahlen ins Haus stehen oder nicht. Bekanntlich hat die ÖVP noch unter Soronics wegen der von SPÖ und FPÖ gegen die ÖVP beschlossenen neuen Wahlordnung die Landtagswahl vom 8. Oktober beim Verfassungsgerichtshof angefochten -ebenso die gegen den Willen der ÖVP beschlossene neue Geschäftsverteilung in der Landesregierung. SollteaufGrundeinesstattgebenden Erkenntnisses eine Neuwahl fällig werden, müßte Sauerzopf als Neuling gegen Kery antreten.

Läuft die Periode aber normal aus, hat der bis dahin vielleicht sattelfeste Sauerzopf manche Chancen, einen Großteil jener 12.000 Wähler, die die ÖVP momentan von der SPÖ trennt, für sich zu gewinnen. Wichtigste Voraussetzung: Seine Partei legt vollen Einsatz vor und überläßt ihm nicht den einsamen Trapezakt hoch oben in der Zirkuskuppel.

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