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Ein zu Unrecht Vergessener

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Um Eugen Rosenstock-Huessy (1888 - 1973) ist es schon lange still, wiewohl seine meist vergriffenen Werke in bestimmten Kreisen gerne rezipiert werden. Er lebte bis 1933 in Deutschland, emigrierte dann in die USA und lehrte nach dem Krieg in beiden Ländern Soziologie und Philosophie. Bekannt ist er als Freund von Franz Rosenzweig, dessen „Stern der Erlösung" er nicht unwesentlich mit beeinflußte. Als unabhängigem Denker jüdischer Herkunft blieb ihm das Schicksal des Holocaust zwar erspart, trotzdem konnte auch er nach 1945 in der alten Heimat nicht wieder Fuß fassen. Bekannt ist Rosenstock-Huessy aber auch als Denker des Wortes, der „Sprache des Menschengeschlechts" und als unermüdlicher Bahnbrecher einer Philosophie des Dialogs und der Person.

Der niederländischen Stiftung „Eugen Rosenstock-Huessy Fonds" kommt nun das Verdienst zu, zwei längst vergriffene Bücher des Autors in den ursprünglichen Texten von 1951 beziehungsweise 1952 wieder aufgelegt zu haben. Es handelt sich um „Heilkraft und Wahrheit" (1951), in dem Rosenstock-Huessy die „Wahrheit zu ihrer Zeit" zu erfassen sucht, um über bei Augustinus und Paracelsus einen neuen Zugang zur Heilsgeschichte zu gewinnen.

Das zweite Buch ist der „Atem des Geistes" (1952): In ihm geht es, wie er selbst in seiner „Vor-Schrift" sagt, bei aller Verschiedenheit der behandelten Themen nur um eines, wofür er 40 Jahre gearbeitet und geforscht hat: „Der Satz ,Das Wort ist Fleisch geworden' wird entweder auch sonntags unwahr werden, oder wir werden ihn werktags nüchtern bewahrheiten müssen; etwa so: nur das, Wort, das Fleisch wird, ist Wort." Thematisiert werden die Philosophie der Sprache, Gedanken über die Zeit, Grenzfragen zwischen Naturwissenschaften und Glauben, geschichtsphilosophische Überlegungen zum Sieg über Renaissance und Gegenreformation.

Mit den Gedanken Rosenstock-Huessys muß der Leser im geduldigen Hinhören vertraut werden -manchmal schockieren seine brüsk und kompromißlos hingestellten Behauptungen, denen nicht immer Argumente gleichen Gewichtes zur Seite stehen. Immer aber ist er originell. Sprache und Themen mögen auf heutige Leser vielleicht etwas antiquiert wirken - die Fülle seiner Gedanken quer durch Natur- und Sprachwissenschaft, Soziologie, Geschichte, Philosophie und Theologie ist anregend genug, sodaß auch die Neuauflage so wichtiger Werke wie der zweibändigen „Soziologie" und „Die Sprache des Menschengeschlechts" wünschenswert wären. HEILKRAFT UND WAHRHEIT. Von Eugen Rosenstock-Huessy. Verlag Amandus, Wien 1992. 218 Seiten, öS 240,-. DER ATEM DES GEISTES. Von Eugen Rosenstock-Huessy. Verlag Amandus, Wien 1992. 296 Seiten, öS 240,-.

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