7212537-1992_36_18.jpg
Digital In Arbeit

Eine Vielzahl an Blicken

Werbung
Werbung
Werbung

Vor zehn Jahren erhielt der deutsche Lyriker, Germanist und ausgezeichnete Hofmannsthal-Kenner Richard Exner aus Kalifornien den Wiener Alma-Johanna-König-Lyrik-Preis. 1989undl991 war er im Kunstverein Wien zu Gast. Im Frühjahr 1992kehrte Richard Exner aus Kalifornien ganz nach Mitteleuropa zurück und lebt heute in München.

Der Stuttgarter Radius-Verlag begrüßte seine Rückkehr mit dem vorliegenden Band „Ein Sprung im Schweigen". Das gleichnamige Gedicht gibt einen Türspalt Licht auf die innere Qualität seiner Lyrik, die atmosphärisch an Rainer Maria Rilke und Paul Celan geschult ist - beide schrieben ebenfalls aus der Entfer-

nung ihre wichtigsten Gedichtzyklen - und die eine heutzutage durchaus seltene Intensität in der poetischen Stimmlage aufweist:

„...deine Augen meine / Augen geschlossen // wir sehen / mit den / Händen... still- / halten und atmen / atmen bis alle / Schrift an uns / erlischt: // der Gruß / entspringt." Die Rückkehr bereitete Exner mit geborgenen Erinnerungen aus seiner Kindheit in Darmstadt vor, den prägenden Herkunftswahrnehmungen, beispielsweise am Kastanienbaum, der hier zum „Unschulds-, Kindheits-, Stundenglas-, Schatten- und Augenmerkbaum" wird.

Auch meditativ getragene Verse gehören zur Sprachwelt von Richard Exner, die ein fundiertes Menschentum innerhalb der modernen Endzeiterfahrungen suchen und es erkennbar machen wollen angesichts des kriegerischen Terrors dieses Jahrhunderts nach Auschwitz und Hiroshima: ein menschliches Wort, das jetzt nicht mehr ist, aber dennoch erklingt:

„wenn es mühsam wird / zwischen Toten und / Lebenden zu unter- / scheiden // und niemand mehr / lächelt wenn du am / Ende des Briefes / vor deinen Namen / das Wort IMMER/stellst".

EIN SPRUNG IM SCHWEIGEN. Gedichte und Zyklen von Richard Exner. Radius Verlag, Stuttgart 1992. 151 Seiten, öS 170,-.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung