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Einen Karl

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„Der Tschusch will nach Kaisermühlen", heißt das Stück, das derzeit im Wiener Interkult-Theater in der Fill-gradergasse 16 zu sehen ist. Eigentlich ist es ja ein amerikanisches Stück um einen Inder, der in die Bronx will, aber von den New Yorker Verhältnissen ist nichts mehr zu merken. Das Stück ist geradezu genial auf Wiener Verhältnisse übertragen. Das Bühnenbild ist irgendeine Straßenecke in einem Wiener Außenbezirk, so naturgetreu gestaltet, daß sich der Zuschauer weniger im Theater als an irgendeiner trostlosen Bushaltestelle wähnt. Und auch sprachlich ist das ganze in einem verblüffend authentischen Slang gehalten, wie ihn Wiener Jugendliche wirklich sprechen. Einen Karl wollen sie sich machen (Nestroy würde sagen einen Jux), die beiden etwas verwahrlosten Burschen Hans und Helmut. Gegenstand dieses grausamen Spiels ist ein Inder, der hilflos und verlassen auf einen Bus nach Kaisermühlen wartet.

Was zunächst eine unbeholfenneugierige Frage der Jugendlichen an den Fremden ist, wird im Laufe des Stückes zu einer gewalttätigen, letztlich blutigen Quälerei. Sehr klar wird dabei der Druck dargestellt, dem die Burschen selbst ausgeliefert sind und den sie bei Gelegenheit an einen noch schwächeren, den Ausländer, weitergeben. Langsam werden Opfer selbst zu Tätern, zu Sadisten. Es ist ein Stück, so wirklichkeitsnah, daß es einem dabei den Magen umdreht. Nicht schön oder unterhaltsam, aber wichtig in Zeiten wie diesen.

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