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Einwände gegen Gedankenlosigkeit

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Nettes Kaffeehaus. Man kann dort auch einen kleinen Imbiß nehmen, der Kellner ist höflich und dienstbereit. Wir gehen gerne hin. Beim Abschied sagt der Kellner mit einer leichten Verbeugung: „Danke fürs Essen.” Man staunt. Was soll das? Weshalb bedankt er sich dafür, daß wir gegessen haben, wir haben doch nicht um seinetwillen gegessen? Ein kleiner Imbiß, gut zubereitet. Man versteht es nicht. Sicher meint er es gut, aber Anlaß zu einem Dank dafür, daß wir gegessen haben, hatte er gewiß nicht abzustatten.

Genug: die Szene ist erfunden, um eine ebenso unverständliche aufs Tapet zu bringen. Der Fernsehansager (oder die Ansagerin) schließen, wenn sie mit ihrem Vortrag fertig sind, gern mit den Worten: „Danke fürs Zuschauen.” Wieso? Wir haben mit unserem Hinglotzen doch nicht dem Unternehmen einen Dienst erweisen wollen, genausowenig wie wir gekommen waren, um dem Wirt eine Reverenz zu erweisen. Wir haben etwas getan, was absolut wertfrei, ohne Verdienstlichkeit war. Eher im Gegenteil: wir könnten uns als Zuschauer, als Gäste, allenfalls für die Produktion, den Imbiß bedanken, die uns wohlgetan haben. Also was soll's?

Das Ganze ist letztlich nichts als eine Gedankenlosigkeit, die eine Höflichkeit sein soll, aber den denkenden Menschen verdrießt. Es scheint, daß man beim ORF neuerdings auch auf die Sinnlosigkeit dieser Floskel aufmerksam geworden ist, sie wird, welches Glück, seltener angewendet. Noch besser wäre es, sie bliebe ganz weg.

Aber denkt man denn beim ORF über so etwas nach? Etwas so Ungemäßes, im folgenden Fall nahezu Ungehöriges. Da dudelt der Rundfunk jeden Sonntagmorgen seinen „Gugelhupf1 daher, und was wird als Einleitung deklamiert? „... der Gugelhupf, der den Sonntag erst zum Sonntag macht.”

Es mag Leute geben, die tatsächlich auf diese köstliche Sonntagsspeise warten, auch wenn das heute schwerer denn je vorstellbar ist. Aber es ist sicher die Mehrzahl der Hörer, die im Sonntag nicht den Gugelhupf sehen, sondern einen Festtag, einige vielleicht sogar einen Tag des Herrn: das macht für sie den Sonntag aus, nicht der Gugelhupf. Niemanden ist in den Jahren eingefallen, zu protestieren, man nimmt es anstandslos hin. Schluckt und verdaut den Gugelhupf ohne viel Nachdenken - ob-wohl's in diesem Fall doch wirklich ein Leichtes wäre, die Hybris zu entdecken.

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