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Entdeckung eines Epikers

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Andrzej Kusniewicz, einer der bekanntesten polnischen Dichter, längst im englischen und französischen Sprachraum geschätzt, ist mit seinem Roman „König beider Sizilien“ erstmals ins Deutsche übersetzt worden (eine vorzügliche Leistung von Klaus Staemmler). Sehr spät, denn dieses 1970 entstandene Buch geht Österreich an.

Die Handlung, eine präzise, aber doch symbolisch zu verstehende Geschichte des Kavallerieregiments, das nach dem zwitterhaften, längst toten Königreich Sizilien benannt ist, spielt in den letzten Jahrzehnten der Monarchie, in Graz und Wien, in Fchčrtemplon, in Ragusa, an der Adria, in Belgrad, im Banat, in verstaubten kleinen Garnisonen und in der mondänen Welt. Ein Abbild des 19. Jahrhunderts, dessen Ende der Autor mit den Schüssen von Sarajewo datiert.

Kusniewicz’ Anliegen gilt dem Ineinanderspiel von entscheidenden und banalen Geschehnissen, den Bedingtheiten zwischen Entschlüssen des Generalstabes, dem Tod eines Zigeunermädchens, den Geschehnissen in einem Bordell, der verbotenen Liebe des Emil R. zu seiner Schwester: Jeweils ein Stein im Mosaik, eine Farbe im Gemälde, ein Ton in der Symphonie.

Dem Dichter, 1904 in Kowenice bei Lemberg geboren, Diplomat, Widerstandskämpfer und Funkredakteur, gelingt eine irisierende Vision vom Untergang einer Epoche, deren Erben wir sind. Keine leichte Lektüre, aber faszinierend Für echte Leser.

KÖNIG BEIDER SIZILIEN. Von Andrzej Kusniewicz. Verlag Hoffmann und Campe. Hamburg 1981. 296 Seilen, öS 261.80

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