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Ereignisloser Auftakt

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Als 1974 anläßlich seines 150. Geburtstages ein Bruckner- Jahr und das Internationale Bruckner-Fest in Linz installiert wurde, hatten die Veranstalter, euphorisch gestimmt durch das neue Bruckner-Haus, große Pläne und Hofftiungen für den kulturellen Aufschwung in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Tatsächlich wurde der repräsentative Bau am Donauufer rasch ein Treffpunkt von Künstlern mit Weltrang, nicht nur die Neugierde auf eines der schönsten Konzerthäuser in Europa ließ illustre Herrschaften der Musikszene in Linz Station machen. Wer hätte sich träumen lassen, daß das Festival so glücken würde, daß eine jährlich wiederkehrende Einrichtung daraus wurde.

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Als 1974 anläßlich seines 150. Geburtstages ein Bruckner- Jahr und das Internationale Bruckner-Fest in Linz installiert wurde, hatten die Veranstalter, euphorisch gestimmt durch das neue Bruckner-Haus, große Pläne und Hofftiungen für den kulturellen Aufschwung in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Tatsächlich wurde der repräsentative Bau am Donauufer rasch ein Treffpunkt von Künstlern mit Weltrang, nicht nur die Neugierde auf eines der schönsten Konzerthäuser in Europa ließ illustre Herrschaften der Musikszene in Linz Station machen. Wer hätte sich träumen lassen, daß das Festival so glücken würde, daß eine jährlich wiederkehrende Einrichtung daraus wurde.

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Heuer wird es zum vierten Male veranstaltet, und niemand denkt daran, daß es dies einmal nicht mehr geben könnte. Es ist ernst geworden mit dem allerdings nicht unumstrittenen Anfangstermin, dem 4. September, weil Bruckner an diesem Tag in Linz geboren wurde, ernst mit der Intemationalität, weil das Publikum aus dem Ausland nicht ausgeblieben ist, ernst damit, daß in Linz nun geistige und kulturelle Kräfte wirksam geworden sind. Und schließlich ernst auch mit der Dauer von einem ganzen Monat; warum nicht, bei den Salzburger Festspielen ist dies selbstverständlich, pflegt Generalmanager Dr. Stadhnayr zu sagen.

Zu Sorgen hat der dynamische Veranstaltungsboß keinen Anlaß. Finanziell helfen ihm Bund, Stadt und Land aus dem wirtschaftlichen Defizit seiner kulturpolitischen Aktivpost. Die Erfahrungen sind organisatorisch wie künstlerisch durchaus erfreulich, das Bruckner-Fest bedarf keiner Reformen. Und doch verlangt gerade ein kontinuierliches Unternehmen nach neuen Ideen, damit das Interesse anhält Der Reiz des Neuen liegt heuer in einer im Garderobenfoyer des Bruckner-Hauses gezeigten Ausstellung sowie einem zweitägigen Symposion, beide unter dem Titel „Anton Bruckner zwischen Wagnis und Sicherheit“, denen Erkenntnisse jener Bruckner- Forschung zugrunde liegen, die davon ausgeht daß man endlich der Auffassung vom „naiven“ Bruckner entgegenwirken müsse. Oder im Forum Metall, dem Linzer Freilichtmuseum in spe, mit dessen Großplastiken internationaler Provenienz um das Bruckner-Haus die Bildende Kunst in das Bruckner-Fest integriert wurde. Neu war auch die ORF-Beteiligung mit „Radio Bruckner“ am Eröffnungstag. Wobei von 6 bis 23 Uhr ohne wesentliche Eingriffe in den üblichen Programmablauf die Sendungen auf Bruckner abgestimmt waren. Und es hat gefallen, denn was sind schon die etwa 30 Höreranrufe mit Kritik über den - auch despektierlichen - Umgang mit dem Ansfeldner Meister.

Mit Ausstellung und Symposion hat sich die Wissenschaft beim Bruckner-Fest etabliert und ihre Verbindung mittler Kunst könnte - wie Wįs- senschaftsminister Firnberg in ihrer Festrede beim Eröffnungsakt meinte- als Spezifikum den künftigen Linzer Bruckner-Festspielen die Exklusivität sichern. Ein in Linz zu errichtendes Bruckner-Institut - analog dem für Stifter - geistert bereits in den Köpfen der Forscher, die hier eine Zentrale der Bruckner-Forschung aufbauen wollen.

Das musikalische Programm umfaßt 18 Konzerte, eines davon in der restaurierten Wilheringer Stiftskirche, drei in St. Florian an der ehrwürdigen Bruckner-Stätte. Außer den sechs Orchesterkonzerten gibt es zwei Klavierabende, einen Orgelabend, drei Kammermusikkonzerte, zwei Chorkonzerte und einen Liederabend. Das erste Drittel des Festes hat allerdings kaum Höhepunkte gebracht. Es gastierte die Ostberliner Staatskapelle unter ihrem Chefdirigenten Otmar Su- itner mit einer unpersönlichen, farblosen „Neunten“ von Bruckner und dem D-Dur-Violinkonzert op. 61 von Beethoven, das durch die Absage von

Arthur Grumiaux enttäuschte. Dafür erhielt der junge Linzer Geiger Thomas Christian eine nicht ungenützt gelassene Bruckner-Fest-Bewährungs- chance.

Der Klavierabend von Jörg Demus mit Rezitation von Beethoven-Texten, die dem erfahrenen Mimen von der „Burg“ Paul Hoffinann Mühe machten, langweilte durch die akademische Trockenheit der musikalisch befremdend servierten Standardstücke, wie der Pathetique, der „Mondschein“- und e-Moll-Sonate op. 90 sowie der „Les Adieux“. Von seinen sommerlichen Streifzügen auf dem Hammerklavier ist Demus wohl noch nicht ganz zum modernen Flügel heimgekehrt. Weiters spielte das Bruckner- Orchester unter dem gewaltigen Theodor Guschlbauer eine kompakte „Vierte“ von Beethoven im Geiste der Ahnen Mozart und Haydn und seines Namens würdig Bruckners f-Moll- Messe mit den Erfolg garantierenden Gästen als Aufputz: dem heuer jubilierenden Wiener Staatsopernchor, den Hans Weigel als die „vokalen Philharmoniker“ bezeichnete, und den renommierten Solisten Gerlinde Lorenz, Trudeliese Schmidt, Ticho Parly und Hans Helm.

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