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Erich Fried 65

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Aus dem methodischen Zweifel Descartes' ist zuletzt im 20. Jahrhundert eine zweifelhafte Methodik geworden, die die Sprache als Instrument der Wahrheitsfindung und Wahrheitsvermittlung in Frage stellt. Erich Fried, der unbequeme und unermüdliche Frager und Entlarver, geht jedoch daran, die elegant mit Worten jonglierenden Sprachzweifler auf ihre eigene Zweifelhaftigkeit aufmerksam zu machen.

Mag Erich Fried in seinem umfängreichen lyrischen Werk auch immer wieder mit Widerlegungen beginnen, letztlich sucht er nach Erkenntnis, formt er eine Sprache, die sich für Erkenntnisvermittlung tauglich erweist. Und insofern zählt Erich Fried zu den bedeutenden Literaten, die in ihrem Widerstand gegen den modischen Nihilismus für unsere Epoche charakteristisch sind und es auch in der Literaturgeschichte bleiben werden. Charakteristisch vielleicht aber auch in dem Sinn, daß sein Gegenentwurf nur selten über die manichäische Schwarzweiß-Manier hinausgeht. Sieht so das Ergebnis aus, wenn man, wie Erich Fried selber sagt, „ohne allgemein anerkanntes gültiges Bezugssystem etwas Neues findet“?

Als persönliche Psychogramme spiegeln die Gedichte jedenfalls mit sprachlicher Meisterschaft den inneren Weg eines Menschen, der als Siebzehnjähriger auf der Flucht nach England kam, dort die Schrecknisse des Bombenkrieges und den Zusammenbruch des europäischen Humanismus erlebte, so daß ihn fortan die Identität von „Welt“ und fremde“ bedrohte.

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