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Exhibitionismus

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„Seid ihr dort, wird auch euer Klatschen auf Schallplatte gepreßt." Die „Ohne Maulkorb -Redaktion kündigte ihren Sehern letzten Sonntag ein ganz besonderes Zuckerl an.

Ein österreichischer Pop-Star plant eine Platte live aufzunehmen und trommelt seine Fans zusammen.

Nicht etwa, daß sonst keine Fans zum Konzert kommen würden und auf der Platte dann entlarvend wenig Applaus zu hören wäre, nein, aber ein bißchen zusätzliche Promotion kann nie schaden.

Außerdem erweist man so manchem Hobby-Adabei die Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches. Kann er doch später einmal bei laufender Platte im Freundeskreis erzählen: „Jiört, da auf dem linken Kanal mit dem besonders satten Klatschen, das war ich. Und der Pfiff zwischen der zweiten und dritten Nummer auch."

So etwas scheint imageförderlich, allerdings nicht nur bei jung, sondern auch bei alt. Und noch in viel größerem Ausmaß, wenn eine Fernsehkamera läuft. Wie sonst ist es erklärlich, daß vor allem Schiübertragungen nicht über die Bühne gehen können, ohne daß winkende Zeitgenossen unbedingt die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen.

Einzelne Unterhaltungssendungen leben überhaupt davon, daß sich Akteure finden, die überzeugt sind, sich expressiv zur Schau stellen zu müssen.

Und auch so mancher Fernsehjoumalist kann aus der Schule berichten: Überschwengliche Freude muß unbedingt ins Bild? Kein Problem. Es gibt fast immer Freiwillige, die vor laufender Kamera urplötzlich in hektische Begeisterung verfallen.

Die exhibitionistische Ader findet sich immer und überall.

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