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Exorzisten

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Hat es seit dem Aufgang des Zweiten Vatikanums im “Bereich der Kirche ein anderes Ereignis gegeben, das den Gazetten derart viel Anlaß zum „Einsteigen“ gegeben hat wie der „Exorzisten-Prozeß“ in Aschaffenburg? Mit Genuß, über Spalten, dicht bebildert, wird ausgewälzt, was der Teufel und sein bedauernswertes Opfer von sich gegeben haben, je nach Ausgangsbasis mit mehr oder weniger Unterton des Vergnügens, den bornierten Aberglauben der Pfaffen durch den Kakao ziehen zu können.

Tatsache ist, daß ein Mädchen starb, weil man verabsäumte, einen Arzt zu holen, als sie mit deutlichen Symptomen einer Geisteskrankheit kämpfte. Tatsache ist, daß zwei Priester versuchten, einen Teufel auszutreiben, wie man vor 2000 Jahren versucht hat, unerklärlichen Phämomenen beizukommen.

Daß der Teufel am Tod des Mädchens schuld war, behaupten nicht einmal sie. In der Definition dieses Teufels aber gehen die Meinungen auseinander. Der absoluten 'Negierung dieser Figur in der öffentlichen Meinung stellen sie ihre Vor-

stellungen einer sehr weitgehenden Personalität entgegen.

Vor 2000 Jahren mag die Vorstellung, daß Symptome von Besessenheit vom Teufel herrührten, dem man mit Austreibung beikommen könnte, dem damaligen Bildungsund Wissensstand entsprochen haben. Heute weiß man mehr. Inzwischen haben die Fortschritte in Psychologie, Psychiatrie, Neurologie, Parapsychologie eine Fülle von Erkenntnissen erbracht, auf denen wir aufbauen können und müssen. Denn - daran g lauben wir- auch sie wären nicht ohne die Mitwirkung des Heiligen Geistes erarbeitet worden. Sie haben auch die Vorstellungen vom Bösen verändert, ohne seine Existenz völlig leugnen zu können.

Die Macht des Bösen dokumentiert sich heute nicht so sehr in Psychosen und Neurosen, denen man besser mit dem Arzt als mit dem Exorzisten beikommen kann. Der Exorzist, der den Teufel aus Politik und Gesellschaft, aus dem zwischenmenschlichen Bereich auszutreiben vermöchte, hat sich noch nicht gefunden.

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