Wittgenstein behauptete, der Mensch besitze die Fähigkeit, Sprachen zu bauen, womit man jeden Sinn ausdrücken könne, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeute. Dieser Satz könnte der Absprung gewesen sein für die Produktion „Haimo – frisch gestrichen“ von Franz Wippel und Haimo Wisser, wie sie derzeit bei den „Komödianten“ im Künstlerhaus darbieten.
Das Wort wird von ihnen aus den gewohnten Denkschemata herausgerissen, sie reihen die möglichen Verbindungen des gleichen Wortes aneinander, bilden Satzketten, indem sich der Folgesatz aus einem Wort des vorhergehenden Satzes entwickelt, sie tauschen in Sprichwörtern einzelne Worte aus, fügen Worte inadäquaten
Sinns aneinander oder binden sie durch den Reim, sie verwenden österreichische Ortsnamen jenseits ihrer Bedeutung. Von den gewohnten Denkinhalten her beurteilt, ist das alles sinnlos. Hat es dennoch Sinn?
Diese Texte gemahnen an Handke, der Inkohärentes additiv reihte, im selben Satz Behauptung und Negation vereinte, gemahnt an Dada, an Merzgedichte von Schwitters, an den Surrealismus von Lautreamont, der Schönheit als die zufällige Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Operationstisch erklärte. Hat man nun eine Ahnung was jedes Wort bedeutet? Das Disparate wird zum Bild unserer immer mehr zersplitternden Vorstellungswelt, die Zerstörung gewohnter Denkvorgänge drängt nun geradezu mit Nachdruck nach dem laut Wittgenstein uner- schlossenen Bedeutungsgehalt.
Bei Wippel und Wisser ergibt sich immer wieder Witziges, und vor allem binden sie das Inkohärente durch ihre, das Wort tragende, rhythmisch melodiöse Musik. Heimo Wisser spricht kühl, emotionslos, distanziert den Text zur Gitarre und zur Band, deren Klänge vom Band ablaufen. Gabriele Weng und Ottwald John, clownhaft weiß geschminkt, setzen einen Teil der Texte in mancherlei Bewegung um. Das Premierenpublikum zeigte sich sehr amüsiert.
