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Fagottsolo

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NedjelkoFabrio, Jahrgang 1937,zählt zu den wichtigsten Vertretern der bei uns noch immer wenig bekannten zeitgenössischen kroatischen Literatur. Der große, für Ungeübte wegen der langen Satzgefüge manchmal schwer lesbare Roman „Das Haar der Bereni-ce", ist mehr als eine gekonnt geschriebene Familienchronik mit der 200jährigen Verflechtung kroatischer und italienischer Schicksale. Fabrio gelang die souveräne Verwendung der Mittel der neuen erzählenden Prosa mit lyrischem Unterton.

Die Realität der Erinnerung an die Mitglieder der Familien Ziani und Gorma und die Vorstellung, die der Autor mit einer in der deutschsprachigen Prosa unserer Zeit unbekannten subtilen Genauigkeit in adäquate Sprache faßt, hat in dieser „Fuge" ihre eigenen Gesetze und war für den bemühten Klaus Detlev Olof sichernicht leicht zu übersetzen.

Der Stoff des Werkes erwächst dabei aus jener mehrschichtigen Welt in Istrien, Dalmatien und Kroatien, in der anscheinend alles mit allem verbunden ist und doch durch die Gegensätzlichkeiten der Sprachen, Kulturen, Religionen, politischen Kreisen und Machtzentren sowie geschichtlichen Erfahrungen, zu oft Trennung, NichtZusammenhang und Schmerz erfährt, was die wahnwitzig traurigen Ereignisse auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens gerade jetzt beweisen.

„Das Haar der Berenice" ist ein gutes Stück Prosa, vielstimmig und kontrapunktisch angelegt: die Realisation einer komplexen dreidimensionalen Darstellung der Geburt der modernen kroatischen Nation. Diese Komposition aus Geschichten, historischen Dokumenten, Träumen, Erinnerungen und Visionen ist in Wirklichkeit ein Fagottsolo des Autors mit starker Orchesterbegleitung.

DAS HAAR DER BERENICE. Familienfuge von Nedjelko Fabrio. Aus dem Kroatischen von Klaus Detlef Olof. Wieser Verlag, Klagenfurt/Salzburg 1992. 448 Seiten, öS 298,-.

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