Anstiftung

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Lydia Mischkulnig über den Untergang des amerikanischen Imperiums als absurdes Theater.

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Lydia Mischkulnig über den Untergang des amerikanischen Imperiums als absurdes Theater.

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Kennen Sie Konrad Bayers Theaterstück „Der Kasperl am elektrischen Stuhl“? Der Kasperl spielt die Hauptrolle im Stück, das er selber geschrieben hat. Am Ende fordert er seine Hinrichtung für die eigene Spracherfindung. Dieses Schicksal soll dem Ex-Twitterer, scheidender Präsident, nicht passieren. Er frönte der Selbst­überschätzung bis zum Putsch gegen die demokratische Verfassung.

Die Vorstellung, sich als Getäuschte für eine Chimäre und den Anzettler eines Bürgerkrieges in die Bresche geschlagen zu haben, ist eine schreckliche. Wohin richten die irregeleiteten Patrioten die Verzweiflung und den Hass auf den Verräter? Haben sie den Mut, ihr Mitläufertum zuzugeben?

Sie stürmten für die Sprache als Macht­instrument eines Verrückten und rangen um seinen Sieg. Sie begleiteten den Mob der Aussichtslosigkeit aller demokratischen Kommunikationsversuche bis ins Kapitol. Wie werden sie mit ihren Kindern darüber reden? Die Irren haben sich die Hörner aufsetzen lassen. Die Toren schlagen mit Thors Hammer um sich. Das Triumvirat des weißen Trashes trägt im Kos­tüm der Trapper und der langbärtigen Urväter zum Untergang des amerikanischen Imperiums bei.

Was dem Kasperl geschieht, bis aus den Nasen Dampf und aus dem Maul Feuerflammen schießen und Polizisten mit blutigem Knüppel auftreten, ist absurdes Theater.
In der Wirklichkeit bezeichnet das „Absurde“ etwas Unvorstellbares, obwohl es im Keim schon angelegt war. Der Bürgerkriegsanzettler Trump hatte schon vor Jahren vor sich selbst gewarnt, als er damit prahlte, keine Stimme für seine Präsidentschaft zu verlieren, erschieße er jemanden mitten auf der Fifth Avenue.

Bayers Kasperl musste sich auf der Bühne damit herumschlagen, ob er überhaupt um die Bewilligung zur Verübung des Mordes an seiner Frau eingereicht hatte. Absurdes Theater hat Witz.

Die Autorin ist Schriftstellerin.

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