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Bildung über den längeren Weg

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Daß es bei landwirtschaftlichen Kommassierungen nicht ohne Verärgerungen, Beschwerden, Proteste, Sich-benachteiligt-Fühlende abgeht, wird nachgerade schon als Selbstverständlichkeit hingenommen. Landeshauptmann Dipl.-Ing. Hartmann, der vom Landwirtschaftsressort kommt, hat daher sicherlich damit gerechnet, daß es bei den noch vor seinem Amtsantritt geplanten ersten Schulkommassierungen, die zur Zeit in Niederösterreich in die Wege geleitet werden, zu ähnlichen Unannehmlichkeiten kommen würde. Sie blieben auch tatsächlich nicht aus: Aufgeregt wie Bauern, denen man für bestes Ackerland saure Böden zuwies, pilgerten Protestdelegationen ins niederösterreichische Landhaus, um ihrem Unmut über die geplanten Schulstillegungen Ausdruck zu geben. Der Landeshauptmann wurde an seinen Sprechtagen förmlich belagert.

Die Situation entbehrt nicht eines gewissen grotesken Einschlages: Ehrbaren Landesbürgern, die es mit der Rationalisierung im eigenen Betrieb sehr genau nehmen, stieg die Zornesröte ins Gesicht, als sie erfuhren, daß auch das Schulwesen rationalisiert gehört und daß ihren Kindern daraus ein längerer Schulweg erwächst.

Dem immer bedrohlicher werdenden Lehrermangel in Österreichs größtem Bundesland ist ohne einschneidende Rationalisierungsmaßnahmen auf dem Personalsektor auf die Dauer nicht mehr beizukommen. Für das im Herbst beginnende neue Schuljahr werden 560 zusätzliche Lehrkräfte benötigt. Dem Landes-schulrat stehen aber nur bestenfalls 250 zur Verfügung. Er hat in den letzten Jahren alles in seiner Macht Stehende unternommen, um diesen personellen Engpaß durch die Mobilisierung der noch vorhandenen Reserven zu überwinden. Maturanten wurden in Schnellsiederkursen zu Lehrern ausgebildet. In andere Berufe abgewanderte Pädagogen versuchte man zurückzuholen. Doch es nützte wenig: Das Personaldeflzit wurde immer größer. Angesichts dieser kritischen Situation mußte es als untragbarer Luxus, als Vergeudung des raren Lehrkräftepotentials erscheinen, Schulen mit solch minimalen Schülerzahlen, wie sie in weiten Gebieten des Landes vorherrschen, weiterhin aufrechtzuerhalten.

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