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Demokratie unterm Röntgenschirm

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Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß, 60 alt die Demokratie auch ist, ihr ureigenstes Wesen ziemlich unerforscht geblieben ist. Während die Diktatur voller Geheimniskrämerei, aber im Grunde ohne Geheimnisse ist, liegt die Gesetzmäßigkeit, nach der sich eine freie öffentliche Meinung bildet, ebenso im dunkeln wie die Veränderungen der Lebensgewohnheiten, der Vorlieben und Vorurteile der breiten Masse. Die Psychoanalyse hat wohl seit Jahrzehnten Tiefeneinstiege freigelegt, aber Versuche mit von ihr mitgeformten Methoden, vor allem auch mit Berücksichtigung des freien Assoziationsspiels, Großtests sozialer und politischer Art durchzuführen, waren äußerst selten.

Seit mehreren Jahren ist jedoch hier im Westen ein radikaler Umschwung eingetreten. Die Erforschung des „human behaviour“, des menschlichen Verhaltens in wirtschaftlicher, sozialer, politischer und sexueller Beziehung,

ist zur Mode geworden, ja man wohnt wohl im Grunde genommen der Entstehung neuer Wissenschaften bei.

In England liegen die Akzente zunächst auf dem politischen Gebiet. Man ist dazu übergegangen, von den globalen Ziffern der Generalwahlen ausgehend, immer kleinere geographische Einheiten und Wählergruppen zu untersuchen. Diese Analysen sind für Mitteleuropa nicht nur deshalb interessant, weil die Gruppierung der englischen Wählermassen des Jahres 1950 — den 13,250.000 sozialistischen Wählern standen 12,500.000 Konservative und 2,500.000 Liberale gegenüber — in manchem kontinentaleuropäischen Staat, Österreich nicht ausgenommen, ihr Spiegelbild findet, sondern weil auch dort, wo die Antworten anders ausfallen würden als im englischen Exempel, einmal ähnliche Fragen gestellt werden müßten.

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