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Wer schützt uns vor den Sektenschützern?

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Das mußte ja wohl so kommen. Kaum hat der Staat erkannt, daß die Sektenproblematik viel zu heiß ist, um sie den kirchlichen Institutionen zu überlassen, schon tritt ein selbsternannter Sektenverteidiger im Namen der Religi-onsfreiheit auf, um gutgemeinten Aukläricht von sich zu geben.

Ein Mag. Shorny, seines Zeichens geschäftsführender Sekretär der Wiener Gesellschaft für interkulturelle Philosophie, und den „Standard ”-Lasern mit dem kryptischen Satz „Der Staat soll sich nicht an der Seite der Kirche stehen!” - lädt zuerst zum fröhlichen Definieren ein. Die „Sekte” ist tot, es lebe die „neue Religion”. Diese „geeignetere terminologische Regelung” hat tatsächlich unschätzbare Vorteile: sie verschleiert das Problem und stellt es zusätzlich als etwas Neues dar.

Nun hat Herr Shorny zweifellos recht, wenn er sowohl für „die Freiheit zu wählen” als auch für das „Recht auf Abweichung” plädiert. Und es ist durchaus legitim, wenn er den Fetisch der demokratischen Gesellschaft, die „Mündigkeit”, antastet: „Wenn ich mich zum Beispiel für eine - partielle - Unmündigkeit entscheide, dann soll ich das tun dürfen.” Herr Shorny kennt auch die Vorwürfe, die den „neuen Religionen” gemacht werden: „daß sie Menschen, gar noch die schwachen, anfälligen, also so und so schon unselbständigen, mit üblen Tricks und Manipulationen ihrer Eigen- und Selbständigkeit berauben und unter das Kuratel eines Guru, der Organisation oder eines Regelsets stellen.”

Und dann, um noch ein exzentrisches Schäuflein zuzulegen: „Aber nicht überall, wo Unmündigkeit besteht, ist Mündigkeit genommen worden, sondern gehen dem freie

Entscheidungen voraus.”

Leider bestätigt die Sektenwirklichkeit Herrn Shorny nicht. Hier wird eben gerade nicht freiwillig und bewußt auf Mündigkeit verzichtet, sondern dieser Verzicht wird schrittweise manipuliert. Und vor allem: die Fähigkeit, diese Entscheidung rückgängig zu machen, wird zerstört oder durch Gewalt unterdrückt. Versuchen sie einmal aus einer Sekte auszutreten, Herr Shorny.

Aber wie könnte er denn, wo er laut Standard „weder Mitglied noch Sympathisant einer Sekte oder neuen Religion ist”.

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