Widerstreit der Oberflächen

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Stellen Sie sich vor, 2019 wäre gezeigt worden, wie ein grüner Vizekanzler in seiner Rolle als Sportminister, umrahmt von Austro- und Europaflaggen, eine als Pressekonferenz getarnte Verkündigungsrede hält? Kabarett! Ein Fall für Robert Palfrader. Und Werner Kogler hätte gelacht. 2020 ist uns das Lachen vergangen, und die grüne Lernkurve folgt der türkisen Message-Control. L’état c’est moi. Das zeigen den Untertanen beide Regierungsparteien bis zum Überdruss – nach allen Visualisierungsregeln der politischen Kommunikation. Und der ORF gerät zu ihrem Megafon.

Diese perfekt polierte Oberfläche steht im krassen Gegensatz zum Professionalitätsverlust von Bildern der anderen – Opposition und Experten, Kulturschaffenden und Wirtschafts - treibenden; per Video zugeschaltet aus allen Ecken des Landes; mit den unterschiedlichsten WLAN-Qualitäten. Auch die Selbstgestaltung der anderen erreicht nie Augenhöhe mit den Hundertschaften der türkis-grünen Propagandatruppe. Wo diese die Insignien der Staatsmacht drapieren, kann der Rest bloß Bibliotheken, einzelne Bücher oder Wohndesign jenseits der Verschriftlichung platzieren. Verblüffend an diesem Wettbewerb mit ungleichen Waffen ist die mangelnde Verweigerung der Selbstentblößung. Keiner der über Video Zugeschalteten nutzt die Möglichkeit, das Rundherum verschwimmen zu lassen.

Das sagt auch etwas über die Grundausstattung von öffentlichen Personen. – Diese Hintergründe, ein Potpourri der österreichischen Seele, wirken wie eine Amateur-Ansage kontra die Professionalität der Regierungskommunikation: raw and dirty statt smooth and clean. Nicht aus Absicht, sondern umständehalber. Im Gegensatz zur Überstrapazierung staatlicher Symbole entsteht so auch ein Hilfs mittel zur Vertiefung der Auseinandersetzung: Ist der Inhalt gut, verdrängt er die Oberfläche.

Der Autor ist Medienberater & Politikanalytiker.

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