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Frankensteins Welt

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(Theater der Courage, Wien; „Frankenstein-Aus dem Leben der Angestellten“ von Wolfgang Deichsel) Die Methode ist bemerkenswert, das Ergebnis zumindest unterhaltend und interessant: Deichsel schrieb eine Szenenfolge mit lockerem äußerem, aber starkem innerem Zusammenhang. Er konfrontiert darin das „verrückte" Verhalten einzelner mit der alltäglichen scheinbaren Normalität einer übergeschnappten Welt.

Da entdeckten Spaziergänger ein Gehirn mit Drähten in einem Hutkoffer, da findet eine Frau eh alles in Ordnung, weil ihr Mann das Auto, das ein Kind überfuhr, nicht „wirklich“, sondern nur in Gedanken gesteuert hat, da rückt ein junger Mann mit einem Haß auf alle Zahnärzte seiner Mutter mit der Installateurzange zuleibe - Höhepunkt ist für mich das Auftreten einer hellsichtig Irren in einem irre normalen Supermarkt.

Der Autor war Ko-Direktor des Frankfurter Theaters am Turm und hat schon einiges zum Thema Frankenstein geliefert. In dieser Szenenfolge treibt er die surreal angehauchte, kabarettistische Konsumsystemkritik bis zu jenem äußersten Punkt, den die Diagnose am Symptom erreichen kann.

Die Fäden, an denen die Marionetten tanzen, werden nicht gezeigt. Wer oder was zieht sie eigentlich? Gerade angesichts einer so artistischen Konfrontation mit den Krankheitssymptomen der Konsumgesellschaft drängt sich mir die Frage auf, ob das Theater tatsächlich unfähig oder bloß, Deichseis „verinnerlichter Außensteuerung“ folgend, nicht willens ist, zu den Ursachen vorzudringen.

Unter der Regie von Kitty Buchhammer treffen vor allem Emmy Werner und Nicola Filippelli das Wahnhafte unserer Normalität, die „Normalität“ scheinbar verrückten Reagierens in solcher Welt.

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