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Frei im Gefängnis

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Gewichtig, wiewohl als schmale Broschüre, kommen unter dem Titel „Kants Hoffnung” von Friedrich Dürrenmatt „Zwei politische Reden” heraus (beide Ende 1990 gehalten) und „Zwei Gedichte aus dem Nachlaß”: Gültige Belege für die pessimistisch-kritische Sicht des am 14. Dezember 1990an Herzversagen gestorbenen Dichters auf die sogenannte Nachkriegswelt.

„Die Schweiz - ein Gefängnis” heißt seine „Rede auf Vaclav Havel zur Verleihung des Gottlieb-Duttweiler Preises”, den dieser bekommen hat, „weil Ihr Name für Zivilcourage, Ehrlichkeit und Toleranz gegenüber anderen Auffassungen steht”, und der grundsätzliche Gegner allgemeiner Wehrpflicht beklagt und klagt an, denn es „fällt in der Schweiz auf den politischen Dienstverweigererdie ganze Strenge des Gerichts, wie es auf Sie in der Tschechoslowakei fiel”.

Trotzdem „fühlen sich die Schweizer frei, freier als alle anderen Menschen, frei als Gefangene ihrer Neutralität”. Das ethische Problem: Human oder bloß patriotisch? Die Ansprache des Dichters für einen Dichter wird als bitter ernstes Sprachspiel gestaltet; das Lob für den tapferen Einzelgänger ist Verurteilung aller scheinheiligen Opportunisten.

Es folgt die Laudatio für Michail Gorbatschow anläßlich der Verleihung der Otto-Hahn-Friedensmedaille durch die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen.

Ergänzt wird das Dichter-Testament durch den Essay „Zu Hause im Emmental und unter den Sternen” von Walter Jens, elegisch schließend, denn „wir werden Mühe haben, in Friedrich Dürrenmatts mächtigem Schatten” zu bestehen.

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