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Ganzheitliches Denken

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Ganzheitliches Denken, in dem exakte Naturwissenschaft und Philosophie beziehungsweise Kunst zusammenfinden, ist unserer Zeit gottlob nicht mehr gar so fremd. Wenn nun also eine neue Theorie des Ästhetischen, das heißt zur Dynamik der schönen Formen aufgestellt wird, die jenseits von der nur philologischen oder kunsthistorischen Betrachtungsweise zu stehen kommt, sollte das eigentlich nicht überraschen. Man wird aber doch von der gedanklichen Intensität und Komplexität des Versuches, eine kunsttheoretische wie naturwissenschaftlich begründete Ästhetik zu entfalten, einfach verblüfft.

Ein Mediziner und ein Physiker mit literarischen Ambitionen haben ein erregendes, wesentliches Werk zur ganzheitlichen Lebenssicht geschaffen, das wohl Bestand haben wird. Die beiden ergänzen einander hier aufs beste, was sich auch beim das Buch beschließenden Diskurs zeigt. Ob es die physikalische „Chaostheorie“ ist, die reflektiert wird, oder ob es die zahllosen zitierten kulturgeschichtlichen Entwicklungen sind - die Verfasser bringen es auf den Punkt: Schönheit entsteht überall dort, wo das Chaos in die Ordnung oder wo die Ordnung in das Chaos mündet, „in jenem irreversiblen Schritt, der sich nicht voraussehen, der sich nicht berechnen und der sich daher auch nicht umkehren lassen kann“. Naturschönheit und das Kunstschöne sind Zweige eines Stammes, dessen Sosein hier enträtselt werden möchte.

Selten ist das besser geglückt als in diesem reich und sinnig illustrierten Werk, das unbedingt empfohlen werden muß, auch weil es jeder modischen postmodernen Beliebigkeit den Kampf ansagt.

DIE NATUR DER SCHÖNHEIT. Von Friedrich Cramer und Wolfgang Kaempfer. Insel Verlag, Frankfurt/Main 1992. 423 Seiten, 71 Abbildungen, öS 374,40.

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