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Ge-Schneyderte Bühnenbilder

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„Gesang zwischen den Stühlen" war Erich Kästners vierter und letzter Versband vorm Dritten Reich betitelt. „Gesang vor den Stühlen" könnte die Sammlung „Schlafen Sie gut, Herr Tucholsky!" von Werner Schneyder heißen. Oder: „Ein Mann gibt Ausr kunft" (Das war Kästners vorletzter Gedichtband.)

Denn Schneyder gibt in dem Buch Auskunft, was er als Kabarettist in zehn Jahren den Leuten vorgetragen und vorgesungen hat. Nein, er kopiert Kästner nicht, ist aber eben ein Nachfahre; daher erinnert das vorgeführte Wortgefecht an den großen Vorfahren, während Kästner, auch wenn man ihn heute rekapituliert, natürlich nicht an Schneyder erinnert.

Paradox: Er kann mehr als Kästner, und darum reicht er nicht an diesen heran. Die Erbitterung über alles Ungereimte ist virtuos gereimt, jeder Versfuß gibt einen gesellschaftskritischen Tritt, der freilich keinem weh tut. Der Autor weiß das: „Wir schlagen niemals ernst, wir sparren/ und mimen Würger."

Erich Kästner versuchte einst (vergeblich) das Kabarett kul-turkritikreif zu machen; Werner Schneyder gelingt es (allzu) gut, die Kulturkritik kabarettreif zu machen. Sein Mißerfolg: daß er so großen Erfolg hat. Für das, was er sagt und singt, muß sich sein Publikum nicht genieren;' ungeniert applaudiert es.

SCHLAFEN SIE GUT, HERR TUCHOLSKY! Von Werner Schneyder. Kindler Verlag, München 1983. 159 Seiten, geb., öS 131,-.

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