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In der Bundesrepublik hätte man das jedenfalls ganz anders gemacht. Vielleicht hätte man zwar nicht gleich die Bundeswehr mobilisiert, aber man hätte doch wahrscheinlich elektronische Sicherungsvorkehrungen, hier und dort auch Sprechfunk und ein paar Scharfschützen eingesetzt, vor allem aber hätte man der Waltraud Boock, neben dem selbstverständlichen Fernseher und dem Tonbandgerät in der Zelle, reichlich Gelegenheit gegeben, dem freiheitlichen Rechtsstaat eine Vorlesung darüber zu halten, wie verrottet und widerlich er doch eigentlich sei.

Nichts dergleichen in Österreich. Die Boock wurde im Laufe eines einzigen Verhandlung stag es mit Blattschuß abgeschossen und zu 15 Jahren verurteilt. Was nur irgendwie anfechtbar zu sein schien und was irgendwie ans Politische hätte streifen können, war wohlweislich schon vorher ausgeschieden worden und man beschränkte sich auf die unwiderlegbaren Tatsachen, den Bankraub und den Widerstand gegen die Staatsgewalt. Als die Boock zu ihrem weltanschaulichen Vortrag Atem holte, bemerkte der Vorsitzende kühl, dies sei nicht Gegenstand der Verhandlung und rief den ersten Zeugen auf. Ihm war es offensichtlich gleichgültig, was der „Spiegel” von solchem Vorgehen halten könnte und die Boock war denn auch total aus dem Konzept gebracht.

Mit gefährlichen Irren fertigzuwerden,, ist eine Spezialität österreichischer Richter und Beamter. Das haben sie bei Papa, nämlich bei Metternich, gelernt, und der ist, wenn es nicht, wie damals, zur Versteinerung eines Regierungssystems führt, wahrhaftig nicht der schlechteste Lehrmeister.

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