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Geschichte der Fahne

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• Mehr als 6000 Jahre kann man die Geschichte der Fahnen und Flaggen zurückverfolgen. Sie sind seit grauer Vorzeit urtümliches Symbol der Mächte, Religionen, Ideen, Ideologien und Organisationen. Und doch wurde über dieses Thema, wenigstens in deutlicher Abgrenzung zur Heraldik, bisher verhältnismäßig wenig reflektiert. Nicht zufällig kam das Kunstwort Vexillologie für die Beschäftigung mit den Fahnen und Flaggen erst vor rund einem Jahrzehnt auf.

Nun erschien ein nicht nur hervorragend ausgestatteter, sondern auch fachlich ausgezeichnet fundierter Bildband, der diesbezügliche Wissenslücken schließen wird. Der Hans-Reich-Verlag, Luzern, bekannt durch seine Terra-Magica-Bildbän-de, veranstaltete in Wien die internationale Präsentation der deutschsprachigen Ausgabe des Werkes „Die Zeichen der Menschen und Völker — Unsere Welt in Fahnen und Flaggen“ (3076 Abbildungen, davon 2800 in Farbe, 360 Seiten, Großformat, 1021.20 Schilling), da Österreichs Geschichte ein besonders interessantes Feld für Vexillologen ist.

Der Aufwand für dieses Werk war gewaltig, die eigens hergestellten Originalzeichnungen wurden von einem Team in zweijähriger Arbeit geschaffen, nur internationale Verlagskooperation (das Buch erscheint in sechs, Sprachen) ermöglichte die Herstellung zu tragbarem Preis.

Dem Autor Whitey Smith gelang es, sein Fachgebiet gleichermaßen eindruckvoll für den Fachmann wie für den Laien zu dokumentieren. Er gründete das Flag Research Center in Winchester, Massachusetts, leitet das von diesem Institut herausgegebene „Flag Bulletin“ und schrieb mehrere vexillologische Bücher. Der deutsche Bearbeiter, Ottfried Neubecker, kommt von der Heraldik, er ist Direktor der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle.

Das von Emil Bührer konzipierte und gestaltete Werk vermittelt neben den durch Thema und opulente Bibilderung gegebenen optischen Freuden gediegene Information in übersichtlicher Form. Sozusagen als Buch im Buch enthält es ein 94 Seiten starkes Nachschlagewerk über die Flaggen aller Staaten, ihre Geschichte und ihren Symbolgehalt, wobei Einzelheiten, wie die Flaggen sämtlicher japanischen Shogunate, aller US-Staaten und Sowjetrepubliken nicht fehlen.

Daneben aber ist es eine Fundgrube — für Ästheten ebenso wie für den Verhaltensforscher. Die schwarze Totenkopfflagge der Seeräuber (bestehen Beziehungen zum schwarzen Banner der Anarchie?) kennt man, aber wer, außer Spezialisten der Seekriegsgeschichte, weiß schon, daß einst im Gefecht zur See eine rote Flagge das Zeichen dafür darstellte, daß kein Pardon gegeben wurde?

„Unsere Fahne ist die neue Zeit“ und „ja, die Fahne ist mehr als der Tod“ sangen einst die Hitlerjungen. In einem gewissen Sinn wurde die Fahne tatsächlich immer wieder zum Symbol aller Dinge, die dem Individuum wertvoller erschienen als das eigene Leben. Jede große Idee, aber auch jede abgrundtiefe Verirrung der menschlichen Geschichte hat noch ihre Fahne gebraucht. „Die Zeichen der Menschen und Völker“ — ein Werk, von dem man wirklich sagen kann, daß es zu denken gibt. Uber die Fahne. Über das Bedürfnis des Homo sapiens nach einem auffallenden Symbol für so vieles, wenn nicht alles, was ihm wahrhaft wichtig ist.

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