Die Frage wäre gar nicht einfach zu beantworten: Was ist authentisches Christentum? Oder: Wie muß ein Mensch leben, um wirklich christlich zu sein? Nehmen wir einmal in Kauf, daß solch rezepthafte Fragen am Kern vorbeigehen, daß es keine allgemeingültigen Ant-. wortformeln geben kann, weil Jesus von Nazaret kein Fließbandprodukt angepriesen hat. Bleiben wir dabei: Was ist authentisches Christentum?
Die Antworten können zwar mit verschiedenen Akzentuierungen gegeben werden, in den Grundlinien müssen sie alle übereinstimmen, wollen sie sich am Evangelium messen lassen. Die Grundlinien heißen: Gott und der Mitmensch an erster Stelle. In religiös-theologischer Sprache nennt man das „Nachfolge” - nicht als eine Sonderaufgabe für einige wenige, sondern als das Grundanliegen jener Menschen, die ihr Leben in der Jesusgemeinschaft gestalten wollen.
Gott und der Mitmensch - daran führt nichts vorbei. Die Ordensfrau aus Kalkutta hat dies nochmals bewußt gemacht, da ihr Tod die öffentliche Aufmerksamkeit auf ihr Werk lenkte. Natürlich hört man auch Einwände: theologisch und kirchlich zu naiv, zu wenig systemverändernd. Aber in den Grundlinien, da lag sie grundrichtig, und zwar in einer bemerkenswerten Einfachheit, Einfältigkeit und Konsequenz. Sie wollte nur Gott kennen und ihm in den ärmsten Menschen begegnen. Zugegeben: Das kann man verfeinern; andere Menschen mögen ihre persönliche Berufung politisch, theologisch oder sonst wie weiterentwickeln und präzisieren. Von den Grundlinien kann aber keine und keiner absehen.
Authentisches Christentum kann nicht rezepthaft abgelesen, sondern nur der Vielfalt des Evangeliums nachgelebt werden. Dabei werden so viele Umsetzungsformen herauskommen wie es Menschen gibt, die sich darum bemühen. Mutter Teresa hat gezeigt, wie radikal sich der glaubende Mensch von den Grundlinien her bestimmen lassen kann. Ihr Leben war authentisch christlich, weil sie Jesus von Nazaret in seinem Grundanliegen verstanden hat. Daraus können wir lernen, um ebenfalls echte Christinnen und Christen zu werden.
