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Huntington, der politische Prophet für das 21. Jahrhundert?

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Huntingtons Buch vermittelt Einsichten, aber noch mehr provoziert es Fragen über Fragen. Er selbst versteht seine Thesen offenbar als Vorhersagen: Als er sie vor einigen Jahren zunächst in einem Zeitschriftenartikel präsentierte, versall er die Überschrift noch mit einem Fragezeichen. Für den Buchtitel hält er das nicht mehr für nötig.

Ist er also nur ein Autor von Hypothesen, von Aussagen über Möglichkeiten? oder ist er ein Prophet? Wahrscheinlich ist die Alternative irreleitend. Die großen Unheilspropheten des Alten Testaments waren keine Prognostiker. Sie verkün-deten das Unheil für den Fall, daß man ihre Warnungen nicht ernst nimmt, sich nicht zur Umkehr entschließt.

Wir sollten auch Huntingtons Analysen und Botschaften so verstehen: Als Aufruf zur Besinnung, so daß die Vorhersage des großen Kampfes der Kulturen zu einer „seif destroying prophecy“ wird, zum Anstoß, den Dingen eine Wendung zum Besseren zu geben.

Anton Pelinka hat - im „Standard“ - Huntington als den „pessimistischen Gegenpapst zum optimistischen Francis Fukuyama“ („Das Ende der Geschichte“) bezeichnet. Ein großer Europäer, Denis de Rougemont, hat jedoch gemeint: Optimisten und Pessimisten sollten sich schämen; sie antworten auf die Frage: „Was wird passieren?“, aber wer so fragt, hat die eigene Verantwortung schon verabschiedet. Wer Verantwortung wahrnehmen will, fragt nicht „Was wird passieren?“, sondern: „Was kann ich tun?“

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