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In spätestens einer Woche wird die Frage wieder gestellt werden: Wann feiern Menschen, die am 29. Februar geboren wurden, zwischen den Schaltjahren Geburtstag? 2020 ist im Gregorianischen Kalender ein solches Schaltjahr, so dass sich zumindest werdende Eltern, die kurz vor der Entbindung stehen, solche Gedanken machen sollten.

Auch im jüdischen Kalender sind Schaltjahre nötig, weil zwölf nach Mondphasen berechnete Monate etwa elf Tage kürzer sind als das Sonnenjahr. Alle paar Jahre wird gleich ein ganzer Monat eingefügt: Der Monat Adar wird zwei Mal durchlaufen, als Adar I und Adar II. Für traditionelle Juden stellen sich damit komplexe Fragen: Wann hat ein Kind, das in einem Nicht-Schaltjahr im Adar geboren wurde, in einem Schaltjahr Geburtstag: in Adar I oder Adar II? Die Antwort entscheidet darüber, wann ein Junge religionsmündig (aramäisch-hebräisch „Bar Mitzwa“ – Sohn des Gebots) wird, der in einem Schaltjahr 13 Jahre alt wird. (Für Mädchen gilt der 12. Geburtstag.)

Die Antwort sagt viel über den Ernst und die Vorsicht aus, die man der Erfüllung der gött­lichen Gebote entgegenbringt. Weil sich der
Geburtstag nicht exakt datieren lässt, erhält der Junge die Rechte des Erwachsenen sicherheitshalber erst am Geburtstag in Adar II; vorher darf er etwa nicht im Gottesdienst aus der Tora vorlesen. Auch sicherheitshalber hat er aber schon ab dem Adar I die religiösen Pflichten zu erfüllen, etwa die Gebetsriemen (Tefillin) anzulegen.

Ist das jetzt freudloses Denken in Regeln? Die jüdische Tradition sucht immer Wege, dem Menschen Luft zum Atmen zu lassen. So sollen im Adar geborene Kinder ihren Geburtstag in Schaltjahren zwei Mal feiern. Das nächste jüdische Schaltjahr beginnt im September 2021. Aber heute: Herzlichen Glückwunsch allen Geburtstagskindern am 29. Februar!

Der Autor forscht zurzeit zu Jewish Studies an der Vanderbilt University, Nashville/USA.

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