Ohne Judentum kein Islam

19451960198020002020

Über die gemeinsame Wurzeln - trotz aller Verfeindung.

19451960198020002020

Über die gemeinsame Wurzeln - trotz aller Verfeindung.

Werbung
Werbung
Werbung

Gerade in diesen Tagen, in denen das Verhältnis zwischen Muslimen und Juden im Nahen Osten sehr angespannt ist, muss an die gemeinsamen Wurzeln erinnert werden. Als der Prophet Mohammed seine Verkündigung des Monotheismus begann, berief er sich auf Moses, denn dieser war den Adressaten Mohammeds in Mekka und Medina sehr vertraut. Schon in vorislamischer Zeit lebten viele jüdische Stämme auf der arabischen Halbinsel. Daher war das Judentum den Altarabern als monotheistische Religion bestens bekannt. Dies erklärt, warum sich der Koran vieler Erzählungen bediente, die wir auch aus den jüdischen Traditionen kennen. Moses kommt in 40 von insgesamt 114 Suren im Koran vor – und somit so prominent wie keine andere Figur. Anfangs beteten die Muslime, ähnlich wie die Juden, Richtung Jerusalem, sie adaptierten auch die jüdischen Speisevorschriften. Mohammed war offensichtlich darum bemüht, Grundlagen für die Einheit des Monotheismus und der Vielfalt seiner Ausprägungen zu schaffen. Der Koran geht ein Stück weiter und verspricht neben Muslimen auch Juden und Christen die ewige Glückseligkeit (Koran 2:62 und 5:69).

Es gab offensichtlich keine religiösen Differenzen zwischen der Verkündigung Mohammeds und der jüdischen Lehre, im Gegenteil: Letztere scheint die Grundlage für den Islam gewesen zu sein. Das heißt, ohne das Judentum gäbe es den Islam nicht. Als Mohammed 622 nach Medina auswanderte, unterschrieb er mit den jüdischen Stämmen die Charta von Medina, in der alle Bewohner von Medina als Umma (Gemeinschaft) bezeichnet wurden. Politische Spannungen gab es erst, als einige Gruppen diese Charta nicht einhielten. Diese politischen Spannungen sind Teil der Geschichte des 7. Jahrhunderts. Die gemeinsamen Grundlagen gelten hingegen für Anhänger beider Religionen noch heute als verbindlich und einigend.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung