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Goldstück der Verkündigung

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Aus jenem Land, das Papst Johannes Paul II. gerade besuchte, kommt ein Buch, das den Glauben - in Treue zur Tradition - erfreulich lebensrelevant vermittelt.

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Aus jenem Land, das Papst Johannes Paul II. gerade besuchte, kommt ein Buch, das den Glauben - in Treue zur Tradition - erfreulich lebensrelevant vermittelt.

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Der 1984 in Paris erschienene Katechismus „La foi des catholi-ques. Catechese fundamentale“ erschien jüngst in deutscher Fassung und Bearbeitung des Freiburger Ordinarius für Katechetik und Religionspädagogik Günter Biemer.

Im Vergleich zum „Katholischen Erwachsenenkatechismus“ — bearbeitet vorwiegend von dem Tübinger Dogmatiker Walter Kasper — schlägt dieses Glaubensbuch eine intensivere Qualität der Vermittlung ein: Der Glaube wird in grundlegender Treue zur Tradition erfreulich lebensrelevant vermittelt. Dies kommt nicht zuletzt dadurch zustande, daß der französische Text in Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppen in Pfarreien entwickelt wurde und über die Ansprüche einer Dogmatikvorlesung erheblich hinausgeht. Die Ansatzpunkte für die Glaubensweitergabe sind die Bedenken, die Zweifel, die Verstörtheiten heutiger Menschen, auf die sinnvoll eingegangen wird.

Theologische Spezialbegriffe werden im Katechismustext so gut wie nicht verwendet, vielmehr sind graphisch abgesetzt Exkurse mit theologischen Texten eingefügt. „Glaube zum Leben“ liest sich wie ein anregendes und einladendes Lesebuch des katholischen Glaubens. Man muß weit suchen, bis man eine solch theologisch präzise, aus den Glaubensvollzügen der Kirche heraus entwickelte Darstellung in solcher Lebendigkeit findet.

Die vier Hauptteile des Bandes gliedern sich in: Lebendiger Glaube (I), Die christliche Offenbarung (II), Menschsein nach dem Evangelium (III), Die Kirche auf dem Weg (IV). Innerhalb der einzelnen Kapitel wird der Glaube der Christen als in der Geschichte verwurzelt, als offen für alle Fragen und als Aufmerksamkeit für die Zukunft formuliert. Dies führt logischerweise auch zu einem Kapitel „Der Glaube, wie er im Leben eines Menschen entsteht“ (128-165). Hier zeigt sich, wie sensibel und persönlich bedeutsam die elementare Substanz des katholischen Glaubens auch auf den biographischen Prozeß des Zustandekommens des Glaubens ausgelegt werden kann. Im Vergleich zur französischen Ausgabe hat Günter Biemer das an dieser Stelle breit ausgeführte historische Kapitel herausgenommen und über weite Teile theologisch und religionspädagogisch präzisiert.

Der zweite Teil über die christliche Offenbarung setzt bei der Entwicklung des jüdischen Eingottglaubens im Kontext der Religionen des alten Orients an und ermöglicht eine plastische Vorstellung dieses Prozesses. Hier gelingt eine sehr gute Zuordnung von geschichtlicher Ebene und Glaubensebene.

Gespannt habe ich den dritten Teil „Menschsein nach dem Evangelium“ gelesen. Auch hier ist eine erfreulich motivierende Grundtendenz ersichtlich, wie ein Leben, stimuliert vom Evangelium her, gelingen kann. Die ethischen Probleme in Bereichen wie Sexualität, soziale Gerechtigkeit, Hochtechnologie, Freizeitgesellschaft, medizinische Versorgung im Krankenhaus sind so sinnvoll erörtert, wie man es selten findet. „Was nützt die größte Ehrfurcht vor dem eucharistischen Leib des Herrn, wenn einen der mißhandelte Leib eines Menschenbruders nicht kümmert? Der Leib Christi ist auch der Leib der Gefangenen, der Vergewaltigten, der Gefolterten, der Entstellten. Er ist auch das vergossene Blut, das zu Gott, zum Himmel, schreit“ (538).

Es ist für die gegenwärtige kirchliche Situation ein Ereignis, diesen Katechismus zur Verfügung zu haben. Wer mit der Glaubensverkündigung in einer ja nicht gerade einfachen Situation im deutschsprachigen Raum zu tun hat, müßte dieses Buch im Sinne einer Pflichtlektüre aufmerksam und immer wieder lesen. Sowohl als Anregung für Predigtvorbereitung, Vorbereitung des Religionsunterrichtes und nicht zuletzt auch zur eigenen spirituellen Weiterbildung ist es ein Goldstück.

GLAUBE ZUM LEBEN. Die christliche Botschaft. Deutsche Ausgabe, bearbeitet und herausgegeben von Günter Biemer. Verlag Herder, Freiburg 1986, 840 Seiten, geb., öS 232,50.

Albert Biesinger ist Professor für Katechetik an der Universität Salzburg.

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