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Gustav Manker f

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Schwache Charaktere richten sich nach der Mode, oder sie haben das Bedürfnis, sich an einer Fahnenstange festzuhalten; die starken entwickeln ihre eigenen Visionen. Sie zielen in die Tiefe und wissen um die Unermeßlichkeit der Höhe. Gustav Manker, der nun, im sechsundsiebzigsten Lebensjahr, von uns gegangen ist, war in diesem Sinne ein starker Charakter.

Er wußte, daß die künstlerische Qualität nicht in den verblüffenden Attraktionen einer Produktion liegt — die das Theater dem Zirkus annähern —, sondern in der Dichte der Sprache, in der Intensität menschlicher Konflikte, in der Spannung zwischen Phantasie und Form. Als Direktor des Volkstheaters in Wien vermochte er den Stil seines Vorgängers Leon Epp ins Spielerische zu erweitern.

Er war ein phantasievoller und also ein wenig gehemmter Mensch, tolerant und sensibel, ein Bahnbrecher der neuen Literatur. Seine Qualitäten wurden vom Publikum erkannt und mit Beifall gelohnt, von den einflußreichen Vertretern der Neuen Dummheit nicht gewürdigt. Er war ein großer Theatermann, tolerant, nobel und bescheiden. In seinem stillen Festhalten am Dichterischen blieb er kompromißlos. Erst die Zukunft wird seine Bedeutung für das Theater in Wien richtig einzuschätzen wissen.

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