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Handke wortlos

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Ein Platz. Ein Beobachter, fasziniert vom Gedanken, daß all die Leute, die den Platz passieren, nichts vom Einschneidenden ahnen, das sich ereignet hat. Dies, hörte man, sei der Ausgangspunkt von Peter Handkes „Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten", einem Stück ohne Worte, einer langen Regieanweisung ohne Stück. Man darf vermuten, daß Handke mindestens an einigen Stellen anderes vorschwebte als das, was Claus Peymann im Theater an der Wien für die Wiener Festwochen (und die Übernahme ins Burgtheater) inszenierte. Sollte dem so sein - bin ich auf Peymanns Seite.

Ich fürchte, Handke, „richtig" verstanden, wäre als Unterweisung im richtigen Sehen zu inszenieren gewesen. Peymann machte daraus eine witzige, unterhaltsame, ironische,oft das Kabarettistische streifende Prozession von Figuren und Situationen in der ganzen Bandbreite von Piplits bis Steinhauer. In der ersten Stunde wird viel gelacht.

Ein Angler, unterwegs zum Meer. Er wird später zurückkommen. Ein Jogger. Ballspieler. Eine Zirkustruppe. Ein Filmteam, eine komplette Flugzeugcrew. Ein Sarg wird abtransportiert. Dazwischen jede Menge Symbole. Kopfschüttler, Unbestimmbare, Projektionsflächen für politische Assoziationen, wandelnde Bibelzitate. Und Beiläufiges, manche Einladung zum heiteren Bedeutungsraten. Karl-Ernst Herrmann baute dafür den denkbar stimmungslosesten Platz.

Der Moment, da der grüne Teppich ausgerollt wird, kommt nach etwa einer Stunde - und damit der Abschied vom Ironischen und Leichten. Bedeutungsschv/ere kehrt ein. Der Oberlehrer des Sehens setzt sich durch. Dagegen kann auch Peymann nicht an. Doch keine Sorge, es dauert dann nicht mehr sehr lang.

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