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Herr Maske regiert

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Einen Satz aus der Symphonie des „Bürgerlichen Heldenlebens“ von Carl Sternheim brachte das Stadttheater mit dem Lustspiel „Die Hose“ als letzte Spielzeitpremiere und machte damit etwas im eher dürftigen Sprechstückprogramm 1971/72 wieder gut, Tauss Ferkai inszenierte dieses Stück, mit dem Entschluß alles hervorzuholen, was an komödiantischer Wirkung darin vorhanden ist, Matthias Kral] entwarf das Bühnenbild im Geist des ersten Jahrzehnts unseres Säkulums und Evelyn Frank steuerte die entsprechenden Kostüme bei. So geriet's denn auch amüsant und ansprechend, obwohl heutigem Publikum die Satire mehr als fremd geworden ist, Spiegel der Jahre unter dem zweiten Wilhelm, in denen es für einen nationalbewußten Beamten Gefährdung der Laufbahn bedeutet, wenn seine Frau in aller Öffentlichkeit ein diskretes Kleidungsstück verliert. Daß dieses lüsterne Mieter anlockt, die sich bei Theobald Maske einmieten, um an Frau Luise eventuell mitnaschen zu können, ergibt den weiteren Verlauf einer Handlung, die den zackigen Maske, entworfen von George Grosz, auf dem Höhepunkt der Situation und des bürgerlichen Selbstbewußtseins findet. Jeder Zoll ein Spießer und Spieß in Zivil, der auf Ordnung schaut und sein Liebesleben nach Kalender und Einkommenstand regelt. Dieses Exemplar mit Tyrannengebärde und Hosenträgern spielte Peter Branoff in der ganzen Vitalität seiner Persönlichkeit in Ton und Geste voll und füllig aus. Zu rühmen seine Frau Luise in der Person von Miriam Dreifuß, die es verstand, demütiger Ergebenweit ein Quentchen Lüsternheit beizumengen, gut die um ihre Jungfernschaft gebrachte und dann anschmiegsame Gertrude Deuter der Marianne Ko-patz und auf handfeste Wirkung bedacht die Mieter Hanns Eybl als Soarron in Suada und großer Phrase sowie Peter Uray als Mandelstam — schwach auf der Lunge, doch stark in Ausnützung materieller Vorteile. Das Publikum freute sich über manchen Gag und dankte dem Ensemble, das es ausgezeichnet verstanden hatte, Sternheims schwierigem Satzbau rhetorisch gerecht zu werden.

• Die Jeunesse-Konzerte in Wien erfreuen sich größter Beliebtheit: gegenüber der vorigen Saison ist die Zahl der Bestellungen um rund 25 Prozent gestiegen. Alle im Vorprospekt angekündigten 16 Zyklen werden durchgeführt, manche können verdoppelt werden. Das Publikumsinteresse konzentriert sich auf die Orchesterzyklen, den Gitarrezyklus und den Zyklus „Nieder mit Musik“.

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