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Herr Traurig

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Österreichischer Narr, närrischer Österreicher oder ironische Allegorie auf den diplomatischen Dienst? Anselm Trausig brachte es nur bis zum Legationsrat, lebt pensioniert in Kalifornien und träumt von der entlegenen Insel Tristan da Cunha im Südatlantik, auf der rund um einen Vulkan ein paar hundert Menschen leben. Dorthin wäre er gern als Gesandter gesandt worden.

Seine Karriere wurde aber in Paris jäh unterbrochen, nachdem er seinen „Lieblingsmenschen" aus Liebe narkotisiert und in der Wohnung eingesperrt hatte. Gnädig hatte ihn das Gericht nur in eine Heilanstalt eingewiesen, und nach seiner Entlassung hat er sich an der Pazifikküste niedergelassen, wo er sein Traum-Eiland so lange herbeiträumt, bis es von der

Küste aus sichtbar wird.

Es geht aber nicht um die unwahrscheinliche Geschichte, eher um alle geschichtliche Unwahrscheinlichkeit einst und heute. Sein Chef füllte die ereignislosen Dienststunden aus, indem er den ganzen Karl May las, und nun bekommt Dr. Traurig zu seiner Freude die briefliche Nachricht, daß Exzellenz die 70 Bände abermals studiert. In seinem Exil sieht der geheilte Narr allein die unheilvolle Narretei des absurden Weltgeschehens ein, ohne Aussicht auf Verständnis, und erkennt, halb verwundert und halb verärgert, die üblen Auswüchse des Erwachsenseins: Satire mit verhaltenem Humor.

TRISTAN ISLAND. Von Erich Wolfgang Skwara. Insel Verlag, Frankfurt/Main 1992. 199 Seiten, öS 249,60.

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