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Hexenjagd

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Die letzte Hexe, die 1782 — im Zeitalter der Aufklärung! — in Glarus hingerichtet wurde, war Anna Göldin. Zeitgenossen sprachen schon damals von einem Justizmord.

Das ehrgeizige Mädchen, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, bewährte sich als Dienstmagd in verschiedenen Familien auf das beste. Aber sie wechselte ihre Stellungen häufig; aus lįleu- gier auf neue Erfahrungen, womit sie, auf Grund ihrer Tüchtigkeit, lange Erfolg hatte, bis sie, in der Familie des Arztes Tschudi ihr Schicksal ereilte.

Deren kleine Tochter, die Anna abgöttisch liebte, wurde plötzlich krank, und man beschuldigte Anna, dem Kind mit dem Essen „Nagelsamen“ verabreicht zu haben, Stecknadeln, Nägel, kleine Eisendrähte, die es erbrach.

Die Beschuldigte gestand unter der Folter die ihr zugeschobenen Verbrechen ein, die sie nicht begangen hatte.

Eveline Hasler geht der Geschichte der Anna Göldin mit großer Einfühlungsgabe nach. Sie schildert eine ungewöhnliche Frau von großer Ausstrahlungskraft, die in hintersinnige Geschehnisse verwickelt wird, tapfer und gescheit zunächst ihre schweren Erfahrungen bewältigt, und schließlich — als Schachfigur in dem Spiel der herrschenden Familien um die Macht — ihr schreckliches Schicksal erleidet.

Man denkt unwillkürlich an Geschehnisse unserer Welt, durch die Unschuldige ausgeschaltet werden, wenn sie der jeweils herrschenden Ideologie im Wege stehen. Ein kluges Buch, das, neben den geschilderten Zeitereignissen, unausgesprochen gegen jede Art von Hexenjagd protestiert.

ANNA GOLDIN - LETZTE HEXE. Von Eveline Hasler. Benziger Verlag, Zürich/ Köln 1982. 239 Seiten, gib.. öS 218,90.

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