7066277-1992_05_14.jpg
Digital In Arbeit

Historiengemälde

Werbung
Werbung
Werbung

Bücher von Frauen über Frauen für Frauen haben Konjunktur. Die meisten davon erzählen von Damen, die trotz Unterdrückung durch die männliche Umwelt sich die Selbstbehauptung leidvoll erkämpft haben oder unter der Lebenslast zerbrochen sind.

Der Roman von Dacia Maraini sollte trotzdem nicht ungelesen dieser literarischen Gattung zugeordnet werden. Der italienische Originaltitel, „La lunga vita di Marianna Ucria" umreißt viel richtungweisender als der deutsche die Entwicklung einer eigenwilligen sizilianischen Adeligen. Zeitweise fühlt man sich an Gemälde alteritalienischer Meister erinnert, die die scheinbare Familienidylle der Aristokratie plastisch eingefangen haben. Nur: im Wort gelingt es viel hintergründiger, dadurch auch bedrückender, das Porträt einer Adeligen aus dem 18. Jahrhundert zu entwerfen.

Die taubstumme Herzogin Marianna wird bereits dreizehnjährig - natürlich gegen ihren Willen - an ihren alten, reichen und schwierigen Onkel verheiratet. Die junge Aristokratin wird jedoch mit viel Intelligenz, Feingefühl und Selbständigkeit ihrer Stellung gerecht. Mit ihrer Umwelt kann sie nur schriftlich vekehren, dadurch verschafft sie sich einen Freiraum. Der Ehemann steht ihr zwar fremd, aber bewundernd und gewährend gegenüber. Nach seinem Tod verläßt die Herzogin Sizilien, um den Erinnerungen zu entfliehen. Ein endgültiger Durchbruch zur Freiheit ist ihr aber nicht vergönnt.

Das Buch wurde in Italien mit dem Premio Campiello 1990 ausgezeichnet und war dort lange ein Bestseller.

DIE STUMME HERZOGIN. Von Dacia Maraini. Übersetzt von Sabina Kienlechner. Piper Vertag, München 1991.342 Seiten, öS 310,40.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung