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Hörspielexperimente

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Hörspiele von Peter Handke, Fri-derike Mayröcker und Ernst Jandl wurden in der Galerie nächst Sankt Stephan vorgeführt. Von sämtlichen vom Tonband übertragenen Stücken kamen „5 Mann Menschen“ von Mayröcker und Jandl dem Hörspielcharakter am nächsten. Eine Parabel über das menschliche Leben wird unter einer ganz eigenen Sacht geboten und ist für die Zuhörer unbedingt, anregend. Eingesprengte Zitate und Sprichworte erinnern stark an Comic strips, was nach Aussage der beiden Autoren durchaus beabsichtigt war. Die dramaturgische und technische Problemstellung steht im Mittepunkt. Sämtliche vorgeführten Stücke sind weder vom Inhalt noch vom Thema her zu beurteilen, sondern sind rein vom Formalen her interessant.

Peter Handkes „Hörspiel Nr. 2“ ist eine Mixtur aus Durchsagen, Taxifunkgesprächen, lateinischen Chorälen und Schlagermeldoien, deren Zusammenstellung undurchschaubar und rein zufällig erschien.

Das „Mantrellurium“ von Anestis Logothetis stellt vielleicht das interessanteste Werk da, das gewissermaßen zwischen Poesie und Musik liegt. Die „Partitur“ allein und ihr Schriftbild stellt die genaue Anleitung für das Rezitativ dar. Wortzusammenstellungen, Betonungen und Überschneidungen werden im Schriftbild ausgedrückt. Bei der Ausführung kommt es dann zu einer Art Polyphonie, die, begleitet von Sphärenklängen, starke Beziehungen zur Musik aufweist. Nur gewisse Worte und Wortgruppen werden tatsächlich verständlich und leiten zu Assoziationen an, legen Emotionen frei. Die Partitur vermittelt ein Gesamtbild, dem Hörer jedoch werden die Details überlassen. Nach Ansicht des Künstlers wird dieses Werk von Realisation zu Realisation anders ausfallen, je nachdem, ob mehr Frauen- oder mehr Männerstimmen eingesetzt werden.

Handke und Jandl aber wollen ihr von Kramer produziertes Hörspiel als Originalprodukt verstehen, dem sie ihr Signum gegeben haben. Sie anerkennen keinesfalls verschiedene Interpretationen desselben. Sie sehen es, ähnlich wie bei einem Film, als genau fixiertes Werk an.

Die große Schar der sehr interessierten jungen Zuhörer harrte zusammengepfercht bis zum Schluß mit Begeisterung und viel Verständnis aus, obwohl unter diesen Umständen das aufmerksame Folgen nicht leicht gemacht war.

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