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Horror 1909

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Das gab es alles schon vor dem Ersten Weltkrieg: dieses Spiel mit dem Schrecken, das Spiel mit dem Unterbewußten, das Spiel mit der Droge. Und dennoch war alles anders.

Leo Perutz schrieb seine Erzählung vom „Meister des Jüngsten Tages“ zwar erst 1923, doch trägt das Werk alle Züge dessen, was man in der Zwischenkriegszeit „die Vorkriegszeit“ nannte: die Züge einer Hochkultur, die vom Hersteller jeglichen Erzeugnisses nicht nur außerordentliche Begabung, sondern auch solides handwerkliches Können verlangte. Alles wurde für Ewigkeiten verfertigt. Bei einem Schriftsteller, der sich auf das gefährliche Glatteis der Phantastik begab, genügte da nicht die Erfindung eines Handlungsablaufs. Dieser Handlungsablauf mußte auch mathematisch genau konstruiert sein, die Spannung mußte sich in mehreren Anläufen bis zum kaum Erträglichen steigern, die Lösung des Rätsels durfte nicht enttäuschen, die neuerliche Umstülpung und Infragestellung des Ganzen konnte sogar in ein „Nachwort des Herausgebers“ verlegt werden. Heute, nach der Entdeckung des Jugendstils und seiner Welt durch unsere Kinder und Enkel, werden wir selber erst gewahr, von welchem Niveau wir seither allesamt herabgestürzt sind. Und mit uns die Sprache.

Man werfe alle zeitgenössischen Horror-, Krimi- und Psycho-Schmieranten ins Feuer und greife nach Leo Perutz.

DER MEISTER DES JÜNGSTEN TAGES. Von Leo Perutz. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien-Hamburg, 253 Seiten, Ln., S 130.—.

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