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Eine Hexenchronik

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Literatur kann es bewußt unternehmen, mit Unbeachtetem, absichtlich Übersehenem und dem Ruhebedürfnis der Gleichgültigen übel Bekömmlichen eine Hexenchronik zu führen. Kracauer unterstellt den fast schon zu Würde entrückten Ereignissen feucht und warm wimmelndes Geschehen, das kurztretende Schlürfen der beharrlich ohnmächtigen Verhältnisse wird zum bedrohlichen Geräusch, das die verklingenden Akkorde von Harmonie unterwandert. Suggestive Eindringlichkeit, bisweilen bis zur Unentrinnbarkeit andrängend, beschwört die Nähe zu leisetretender Verderbnis, indem sie deren Details beim Namen nennt. So steckt in Kracauers jungen Sachen ein Versprechen, das später nicht eingelöst, sondern abgedient wird. War früher schon zärtlich versponnener Humor eine Mesalliance mit hausbackenen, angenehmen Phantasiestücken eingegangen, später entgleitet selbst die enthüllende Tendenz selbstvergessen des öfteren ins Einerlei des Sentiments. Vielleicht geheime Rache und innerer Zwang einer Haltung, die undurch-schaut sich dem Durchschauen überantwortet.

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