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Identitätssuche

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Von der Schwierigkeit, in einem von Menschen erdachten System, Mensch zu sein, handelt das Buch „Die Beschneidung” von György Dalos. Ein Roman, dem der Autor den bescheidenen Untertitel „Eine Geschichte” gibt.

Robi Singer ist Zögling im jüdischen Knabenwaisenhaus in Budapest, zwölf Jahre alt, und es ist das Jahr 1955. Seine Großmutter hat ihm beigebracht, auf die Frage nach seiner Abstammung mit „ungarisch-jüdischer, Kommunist” zu antworten. Aber kann man als Jude Kommunist, als Kommunist Jude sein? Und wie ist man als Ungar jüdisch? Zu allem Überdruß wurde - bedingt durch die Wirren des Krieges - vergessen, Robi beschneiden zu lassen. Diese Kleinigkeit wird ihm von seinem Lehrer abverlangt, um die Glaubwürdigkeit seines Bekenntnisses zu unterstreichen. Wie in einem totalitären System unvermeidlich, landet Singer zwischen allen Stühlen.

Aber die Menschheit wäre nicht vollständig beschrieben, wenn sich nicht zu guter Letzt doch ein ironischer Ausweg aus allen Malaisen fände: im Aufnahmeblatt der staatlichen Schule vermerkt die Vizedirektorin seine soziale Herkunft schlicht mit „Sonstige”.

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