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Ikarus muß sterben

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Jan Jösef Szczepartski, kürzlich vom polnischen Schriftstellerver­band zum Präsidenten gewählt, wurde im deutschen Sprachraum durch seinen Roman „Ikarus“ be­kannt, in dessen Mittelpunkt das mißlungene Attentat des jungen Po­len Antoni Bereskowski auf den Za­ren Alexander II. während der Pari­ser Weltausstellung 1867 steht. Ein Pariser Geschworenengericht ver­urteilte den zwanzigjährigen Rebel­len auf Lebenszeit „zu den Galee­ren**.

In dem jetzt vorliegenden Roman „Die Insel“ verfolgt Szczepartski das weitere Schicksal Bereskowskis in Nou auf Kaledonien, einer der grausamsten französischen Strafko­lonien. Er, der einzige politische Sträfling unter Schwerverbrechern, die den Außenseiter drangsalieren, glaubt zunächst noch an Gerechtig­keit, an die Revision seines Urteils, bis er, vom Schweigen seiner ehe­maligen Freunde enttäuscht, von der schweren Arbeit physisch rui­niert, jede Widerstandskraft und den Bezug zur Wirklichkeit verliert.

Wahnvorstellungen verdunkeln zunehmend den Geist Bereskows­kis. 1882 aus der Strafkolonie ent­lassen und für zwanzig Jahre zur Zwangsniederlassung auf der Insel verpflichtet, macht er sich Bambus­flügel, um in die Freiheit zu fliegen. Ein neuer Ikarus, dessen Traum, kurz vor Abbüßung seiner Strafe, in der Irrenanstalt auf der Ile des Pins endet.

Szczepartski will seine Bücher über Bereskowski nicht als histori­sche Romane verstanden wissen, obwohl sie, fern von Fiktionen, auf zeitgenössischen Zeugnissen basie­ren. Seine meisterhafte Analyse ei­nes Träumers, der an der wirklichen Welt zugrundegeht, ist wahrhaft eine unvergeßliche Erzählung.

DIE INSEL. Von Jan Jösef Sczcepafiski. In­sel-Verlag, Frankfurt/Main 1980. 318 Seiten, öS 246.40

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