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Im Marstheater

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(Schauspielhaus Graz; „Die letz- ten Tage der Menschheit" von Karl Kraus) Auch die perfekteste Thea- termaschinerie und die intelligen- teste Textauswahl können mit der zähneknirschenden Suggestivkraft des Kraus'schen Wortes nicht kon- kurrieren. So wirkt denn auch das Exzerpt der Monstermontage, das Michael Wallner zur Grundlage seiner Inszenierung verwendet, zunächst wie eine flotte Abfolge von Kabarettszenen, die dann aber immer stärker eingedunkelt wer- den bis zum bitteren Mahnwort des fanatischen Moralisten.

Wallner setzt mit Erfolg dem Kalauer und der Pointe den heili- gen Zorn und das rhetorische Pa- thos - mitunter plakativ - entge- gen: so gewinnt in der bunten Dreh- bühnen-Hektik und dem grellen Musikverschnitt der Vortragstisch dominante Funktion. Im Kampf gegen die Gefahr oberflächlicher Zeitgebundenheit akzentuiert Wallner die Kritik an der überzeit- lichen Kriegsgewinner-Allianz von Kapital und Medien.

Dem jungen Regisseur gelingt es, wenigstens eine - theatergerecht arrangierte - Idee von diesem „Marstheater" zu vermitteln und das Werk nicht zum billigen Spek- takel zu verscherbeln. Läszlö Var- vasovszky hat mit der bühnenbild- nerischen Grundidee eines liegen- den Ringstraßenpalais, aus dessen Fenstern die Figuren hervorquel- len, starken Anteil am bejubelten Erfolg der Aufführung.

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