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Katzenjammer

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Beschaulich und ohne große Aufregung. So endete letzten Montag die weinSeli-ge Familienserie „Mosel-brücfc". Ein Happy-End auf allen Linien, nachdem persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten von Folge zu Folge immer mehr einem kollektiven Glücksgefühl weichen mußten. Der verfilmte Dreigroschen-Roman eben, der so süchtig auf das miterlebte kleine Glück macht.

Keine Umweltverschmutzung, kein Wackersdorf, keine Raketen und Atomsprengköpfe, kein Terror und keine Arbeitsplatzangst trübten die Idylle.

Und auch Erwin Steinhauer, der spitzzüngige Kabarettist, turnte sich als Kulturexport elegant über den Weinskandal hinweg. Ausgezeichnet unterstützt durch die Regie, die sein zynisches Lamento über die Wettbewerbsbenachteiligung der Weinindustrie, die im Gegensatz zu anderen Branchen keine synthetischen Substanzen erzeugen darf, zum Hintergrundgemurmel reduzierte.

Die Produzenten solcher Serien beherrschen inzwischen ihr Geschäft hervorragend. Sie steigern ihren Umsatz mit dem Motto: „Wegschauen durch Hinschauen".

Die Zuseher folgen der Verführung in die heile Welt gerne und signalisieren für weitere Produktionen ihre grundsätzliche Bereitschaft, diese stimulierende Droge einzunehmen, die, eingezwängt zunschen ZiB 1 und ZiB 2, die anderen Wirklichkeiten ausblendet.

Ihre Einnahme ist zweifellos eine Möglichkeit, die Wunden zu lecken, die das tägliche Leben schlägt. Aber die Wirkung dieser Art der Psychohygiene läßt bald nach. Wie jede Droge ermöglicht sie nur einen Ausstieg auf Zeit und macht nicht widerstandsfähiger, sondern höchstens süchtig.

Der Katzenjammer folgt jedesmal auf den Fuß. Spätestens am nächsten Tag ist die Welt, wie sie vorher war.

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