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Keine Metaphern

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(Kleines Theater Salzburg; „Die Zofen" von Jean Genet) Keines- wegs stellt diese Aufführung der „Zofen" einen Verschnitt von Ahn- frau, Lady Macbeth und der Letz- ten am Schafott dar, wohl aber scheint sich Judith Estermann mit ihrer Inszenierung weniger an Jean Genet als an Jean Paul Sartres irre- führende Mitteilung gehalten zu haben, der sagte: „Was Genet an das Theater fesselt, ist das Element von Täuschung und leerem Schein, von Künstlichkeit. Er wurde Dra- matiker, weil die Unechtheit der Bühne die offenbarste und faszi- nierendste ist... Es geht ihm darum, das .Sein' im Schein zu suchen."

Doch ist dieser Satz mißverständ- lich, weil Sartre ja selbst-man lese seine „Fliegen" und andere Dra- men - das Ontologische im Sein und nicht im Schein suchte. „Die Zofen" zählen sehr wohl zum Gen- re des Existentialismus und des- halb scheint es vom Konzept her falsch angelegt, in den Szenen der Zofen die Gnädige Frau als Putz- frau herumirrlichtern zu lassen, weil Projektionen und Spiegelun- gen bereits im Wort des Autors hinreichend vorkommen. „Men- schen als Metaphern" zu nehmen, wie Judith Estermann sich dies selbst empfiehlt, scheint daher für Genet nicht das richtige Rezept, wiewohl in der Ausstattung von Ursula Winiarski schöne Bilder in der Verkommenheit dieser Existen- zen zustande kommen. An dem Schleier der Künstlichkeit webt vor allem die Gnädige Frau in ihren Auftritten - aber schlußendlich wird doch mehr Langeweile ge- pflegt als der Nerv des Daseins berührt. Neben den Zofen Franzis- ka von Arx (Ciaire) und Elisabeth Schraml (Solange) ist Christine Günther (Gnädige Frau) um Genet bemüht. Bei allen prinzipiellen Einwänden dennoch ein interessan- ter Theaterabend.

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