Tauris, ein klassisches Asylland? Exil bei den guten „Wilden"? „Iphigenie auf Tauris" beinhaltet all dies, aber nicht nur bei Goethe, sondern auch bei Regisseur G. H. Seebach am Salzburger Landestheater. Bei den edlen Wilden, die sonst jeden Ankömmling gnadenlos töteten, ist - seit Diana ihnen Iphigenie geschickt hat - der Tötungsdrang gezähmt. Die Ankunft zweier Griechen (Pylades und Orest) bringt die Szene ein wenig durchein ander. Alexandra Tichy hält die Tau-risker und ihren König Thoas mit merkwürdig schwachen Mitteln in Schach, von der großen Heldin auf Tauris ist
„Stücke nach Klassikern" verfaßte Peter Turrini in den frühen Siebzigern. „Die Wirtin" von 1973 nach Goldoni in einer Inszenierung von Michael Worsch mag man, wenn man die sogenannten Aktualisierungen mag, bei denen Ähnliches wie im Original, vermindert um einiges Unentbehrliches der originalen Strukturen herauskommt. Wahrscheinlich verursacht durch die nicht gerade rosige finanzielle Situation des Theaters spielt Alexandra Tichy die Wirtin -obwohl sie besser, die Medea spielen sollte. Psychologische Ungereimtheiten summieren sich und lassen den Schluß mehr als abrupt
Eine runde Leistung, was den Gesang, was die Inszenierung angeht - das ist der bleibende Eindruck nach der vielbejubelten „Figaro"-Premiere am Salzburger Landestheater. Lutz Hochstraate selbst, der Intendant, hatte inszeniert und Christiane Boesi-ger als Susanna und Irene Maessen als Cherubino sowie den Staatsopernsänger Wolfgang Bankl als Figaro zu einer hörenswerten Mozart-Trinität zusammengespannt. Auch die anderen Partien waren mehr als ordentlich besetzt, so daß diesem Abend in der Ausstattung von Carlo Tommasi kaum Negatives nachgesagt werden kann. Es sei denn, man
Mit Giacomo Puccinis „Turandot“ in Inszenierung und Ausstattung von Pet Halmen im Großen Festspielhaus (in Zusammenarbeit mit der Opera de Nice und dem Nationaltheater Ljubljana) hat das Landestheater wieder eine qualitätvolle große Produktion vorgestellt. Halmes Konzept, seine bestechend konsequente Regie, sein Bühnenbild verführten zu einem Schwelgen in Rot und Blau, seine Personen- und Chorführung blieben ohne Outrage. Dazu bot man, erstmals in Österreich, den von Franco Alfano komponierten und von Jürgen Maehder wiederentdeckten Schluß der Oper — Puccini war bekanntlich
Das Entree der diesjährigen Salzburger Mozartwoche war eine Collage von Konzertarien mit dem Titel „Ombra felice“. Zuerst die gute Nachricht: Musikalisch (Camerata acade- mica unter Heinz Heiliger) und vom Ensemble her eine auch vom Publikum entsprechend gewürdigte Leistung.Die schlechte Nachricht: Ursel und Karl-Emst Herrmann haben in dem schon überall bekannten Stil eine Szenenreihe erzeugt, in der sich erwies, daß gerade die besten Stücke gegen die überttor- dendste Inszenierungswut resistent sind. Das vier Stunden währende „Spiel “ mit 26 Arien und Ensembles Mozarts wurde
Zum 100. Geburtstag des Salzburger Landestheaters hat Intendant Lutz Hochstraate dem österreichischen Komponisten Gerhard Schedl den Auftrag zu einer Oper gegeben. Am Samstag hatte nun „Glaube Liebe Hoffnung” Premiere und die Uraufführung dieses Werks, für das Attila Böcs das Libretto nach Ödön von Hor-vaths gleichnamigem Stück geschrieben hat, war ohne Wenn und Aber ein Erfolg. Mit Judith Graf hatte Hochstraate, der selbst inszenierte, eine Elisabeth zur Verfügung, die nicht nur stimmlich glänzte, sondern auch im Spiel die getretene Frau vorzustellen vermochte. Ihr zur Seite
Er ist ein Hypochonder, dennoch leidet er. Und mit Leidenden, aus welchen Gründen immer sie unter Leidensdruck stehen, sollte man doch zumindest ein wenig Mitleid haben. Was in der Moliere'schen Komödie gelingt. Nicht ganz in der Aufführung in den Salzburger Kammerspielen, wo Philippe Besson allzu manieriert - gelegentlich bis hin zur Farce - agieren läßt: Klaus Martin Heim in der Titelrolle trifft diese Absicht mit voller Wucht, sodaß einem dieser von Gattin, Ärzten und Juristen eingekochte und manipulierte Tölpel gar nicht so sehr leidtun kann. Dennoch ging das Regiekonzept auf,
Applaus vor allem für den Baron Ochs: Günter Missenhardt trug diesen „Rosenkavalier" der Salzburger Kulturtage mit der Marschallin Edith Mathis zu einem mehr als respektablen Erfolg. Samt Claudia Eder (Octavian) und Juliane Banse (Sophie) haben die Protagonisten dieser von Joachim Herz inszenierten Aufführung das psychologische Konzept der Strauss-Oper entsprechend den Intentionen des Komponisten wie des Librettisten Hofmannsthal. Dazu fehlte auch stellenweise die Unterstützung des Salzburger Mozarteum-Orchesters, das bei der Premiere unter Hans Graf spielte. Die Ausstattung von
Von einer „allegorischen und labyrinthischen Wildnis" spricht Heinrich Heine in Zusammenhang mit Goethes „Faust" zweitem Teil. Und läßt als „kostbarste Statue" Helena gelten. Die Salzburger Inszenierung von „Faust II" durch Ansgar Haag hängt -man weiß nicht recht, persiflierend oder vielleicht doch erhaben - ein wenig diesem Labyrinth-Archetypus des Heinrich Heine an. Wobei Allegorie und Labyrinth recht eigentlich auf zwei oder sogar drei Ebenen auseinanderfallen.Und just diese Bruchstücke machen die viereinhalb Stunden aus, die sich das Salzburger
Die Pygmalion-Geschichte von George Bernard Shaw ist bekannt, die Überheblichkeit eines Linguistik-Professors schafft einem armen Blumenmädchen aus der Gosse Zugang nicht nur zum Rennen von Ascot, sondern schließlich auch zum besten Ball der Gesellschaft.Das Musical „My Fair Lady" von Frederick Loewe hatte am Salzburger Landestheater großen Erfolg, einerseits, weil mit Stella Fürst eine Eliza auf der Bühne steht, die so ziemlich allen Ansprüchen gerecht wird und mit Peter Pikl ein Higgins von der gröblich üblichen Macho-Strickart agiert. Der ausgleichende Pickering war Hubert
Harry Kupfer hat sein Berliner Regiekonzept auf das Salzburger Landestheater übertragen, keineswegs aber eine Doublette erzeugt: Seine Inszenierung (mit zwei gleichwertigen Besetzungen) läßt Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail” als Parallele zu Lessings „Nathan” sehen - eine Idee, der man vieles abgewinnen kann, zumal das Salzburger Mozarteumorchester mit Caspar Richter offensichtlich einen Dirigier-Gast erhalten hat, der sich durchzusetzen vermag und das Ensemble keinen Schwachpunkt aufweist. Hilde Leidland (Konstanze), Caroline Stein (Blonde), Clemens Bieber
Ein Spaß durch und durch, allein wenn man die Oberfläche ansieht und anhört, Ironie und tiefere Bedeutung, wenn man Wortspiel und Wortwitz samt wohlgedrechselten Jamben nimmt und ein wenig gefährlich, wenn man dabei hängenbleibt und nicht sieht und weiß, daß Peter Hacks mit dieser Komödie „Adam und Eva”, die sich gegenüber dem christlichen Gott- und Weltverständnis gar nicht bösartig gebärdet, auch nach der Wende ein Kommunist geblieben ist. Freilich, wenn's ums Schreiben geht, läßt er keinen Stalin an sich heran, höchstens für die Dialektik einen Hegel. Und darin besteht
Das Salzburger Landestheater läßt sich angelegen sein, was Goethe für Weimar verhinderte: Die Aufführung des Schauspiels „Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe" von Heinrich von Kleist. Regisseur Ansgar Haag hat das Stück (dankenswert) kräftig eingestrichen, in den Kampfszenen persifliert - Football- oder Motorradkluft und -heim für Ritter unterstreichen das -, die Traumwelten der einander begegnenden Monaden Käthchens und Friedrichs werden behutsam deutlich gemacht, insgesamt wird die üppig blühende Romantik entschlackt. Man hätte bei Peter Scholz als Graf vom
Diese „Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg" ist unbestritten ein Anti-kriegsstück und nicht umsonst hat Bertolt Brecht im Nachwort zu „Mutter Courage und ihre Kinder" notiert: „Dem Stückschreiber obliegt es nicht, die Courage am Ende sehend zu machen, ihm kommt es darauf an, daß der Zuschauer sieht." Was Jens Pesel im Salzburger Landestheater bietet, ist um einiges zu wenig: Während vor Österreichs Haustür Menschen aufeinander schießen, läßt sich ein solches Stück nicht kabarettistisch verfremden, zum anderen bedarf auch eine Bilderbogen-Chronik des
Der Realismus von Georg Büchners „Leonce und Lena" gerinnt in der Salzburger Aufführung der Elisabeth-Bühne unter dem existentialistischen Essig der Regie eher zu einer Farce, die von blankem, nicht verklärtem Nihilismus nicht allzu weit entfernt scheint. Zu schwere, gelegentlich auch falsche Gewichte hängen sich in dieser von Renate Rustler-Ourth inszenierten Aufführung an Leonce wie an Lena, Anklänge an Sartres „Fliegen" drängen sich auf. Trotz Einschränkungen bleibt die Aufführung aber eine sehenswerte Deutungsmöglichkeit, zumal mit Thomas Klinger (Leonce) ein
Für beide Opern, die im Rahmen der Salzburger Kulturtage in einem Gastspiel des Bolschoi Theaters präsentiert wurden, schrieb Puschkin das Libretto: „Mozart und Salieri" wurde von Rimskij-Korssakow vertont, „Der steinerne Gast" von Alexander Dar-gomyschskij. Es bot sich also, vom Konzept her, eine interessante Vergleichsmöglichkeit an. Nu"r: Die beiden russischen Komponisten zielen auf ganz Unterschiedliches ab. der Mitteleuropäer wird in seinem Verständnis der Musik durchaus angestrengt, der Inszenierungsstil im Bolschoi (Vadim Milkow) hat ebenfalls seine
Man hätte sich diese Premiere für das Jubiläumsjahr 1993 zum 100jährigen Bestehen des Salzburger Landestheaters gewünscht:„Ariadne auf Naxos", Oper in einem Aufzug von Hugo von Hofmannsthal, zu spielen nach dem „Bürger als Edelmann" des Moliere, Musik von Richard Strauss. Die Uraufführung von 1911/12 wurde ein sensationeller Erfolg, vor allem getragen von Carmen Fuggiss als Zerbi-netta, die nach ihrer großen Arie minutenlangen Szenenapplaus erhielt. Keineswegs von geringerer Präsenz und Sicherheit Ana Pusar als Ariadne und ebenso das Quartett der Harlekinade Ludwig
(Elisabethbühne Salzburg; „Die Trauung" von Witold Gombrowicz) „Und nicht wir sagen die Worte, sondern die Worte sagen uns...". Damit ist das Zwischen charakterisiert, aus dem jene Realität oder jene Fieberphantasien erwachsen, mit denen Gombrowicz „Die Trauung" schafft. Eine Farce, angesiedelt zwischen Realität und Irrealität, zwischen Wahnsinn und Vernunft, ein Stück, auf fast die Hälfte der Dauer - und immer noch vier Stunden - reduziert. Vom Theatralischen her hinreißend und genau, inszenierte die Leiterin der Bühne, Renate Rustler-Ourth eine exzeptionelle
(Landestheater Salzburg; „Am Irrsee” von Gerald Szyszkowitz) Für die Lebendigkeit einer Bühne zeugt es, wenn sie sich um Uraufführungen bemüht. Das Landestheater hat sich ein „Frauenstück” schreiben lassen, das im Grunde keines ist, das merkwürdig blaß Banalitäten bedeutungsschwer präsentieren (Regie Georg Schuchter) und zu guter Letzt diese „Beziehungskisten” in einem Selbstmord enden läßt. Die Charakterzeichnungen scheinen wenig glaubwürdig, wobei sich in fünf Akten wohl Gelegenheit geboten hätte, in den Verkettungen der fünf Frauen Biographien glaubwürdig
Der aus Friedrichshafen am Bodensee gebürtige Bildhauer Toni Schneider-Manzell feiert am 2t. Februar seinen 80. Geburtstag. In Salzburg, wo er seit 1955 ansässig ist, danken ihm Kirche wie Land Skulpturen - aus jüngerer Zeit eine Statue des Wolfdietrich von Rai-tenau, eine Vinzentinerin im Bereich der Salzburger Landeskrankenanstalten, den Trakl-Brunnen im Hof des früheren Finanzamtes und schließlich das große „Tor des Glaubens” am Salzburger Dom. Domportale von seiner Hand finden sich auch in Essen und Speyer.Geprägt von der Antike in gleicher Weise wie von christlichem Geankengut,
(Mozart-Woche der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg) Vieles gereichte dieser Mozart-Woche nicht zur größeren Ehre. Viel zu teuer war die Auf f üh-rung der „Zauberflöte", für die das Äquivalent der Qualität nicht wirklich geboten wurde, auch wenigstens zwei Konzerte der Wiener Philharmoniker (einmal mit Ric-cardo Muti und Gidon Kremer als Solisten, zum anderen Mal mit Leopold Hager beim konzertanten „Titus") gehören in diese Kategorie. Das Salzburger Mozarteumorchester fiel durch undifferenziertes Spielen auf, das von Nachlässigkeiten in der permanenten
(Landestheater Salzburg; „Die Zauberflöte" von W. A. Mozart) Die Internationale Stiftung Mozarteum, das Landestheater unddas Theatre Royal de la Monnaie, Brüssel, ha-ben sich zur Mozart-Woche ein Experiment geleistet, dessen Ergebnis mehr als fragwürdig ausfiel. Die Brüsseler Oper, die bereits in Salzburg gastierte und deren Chef Gerard Mortier ab nächstem Jahr den Festspielen seine Prägung geben wird, schickte ein Jungs Ensemble, das man hierorts zur besseren Vorbereitung schon im vergangenen Jahr für einen Monat in die Villa Schmederer der Salzburg Association eingeladen hatte.
(Landestheater Salzburg; „II re pastore" von Wolfgang Amadeus Mozart) Während der Mozartwoche 1989 hatte man bereits das Vergnügen mit dieser „Serenata in zwei Akten" (KV 208). „II re pastore" spielt, jedenfalls in der Regie von John Cox, an einem Hof, wo Damen und Herren in Ermangelung guter TV-Unterhaltung zur Selbsthilfe schreiten und sich dem 2-M-Werk - Musik: Mozart, Text: Metastasio - zuwenden. Zwischen Liebe und Pflicht erzählt die Oper die Geschichte vom Hirten, der ein König ist, und was sich an Verwechslungen und Liebesgeschichten ergibt. Patricia Wise war ein
(Salzburger Landestheater, Kammerspiele; "Triptychon" von Gerhard Schedl) Drei Kammeropern, zusammengefaßt als "Triptychon", widmet das Landestheater den Freunden neuen Musiktheaters als Uraufführung. Themen: Krieg, Liebe, Unterdrückung, Inhumanität. Im ersten Stück "Pierre et Luce" (das schwache Libretto nach einer Novelle von Romain Rolland schrieb Attila Böcs) geht es um Liebe, Geborgenheit und tödli-che Bedrohung. Dafür hat Schedl die schwächste Musik geschrieben, Regisseur Didier von Orlovsky überzeichnete die Figuren ins Clownhafte, Groteske, Irreale, wiewohl für alle drei
(Salzburg Landestheater; „Cosi fan tutte" von W. A. Mozart) Zwei Versionen der Mozart-Oper ließ Lutz Hochstraate von Regisseur Joachim Herz erarbeiten: Die eine, die deutsche Fassung, für zu Hause, die andere, italienische, für ein Japan-Gastspiel. Es ist wahrlich schwierig, sich für die eine oder andere Version derselben Inszenie- rung und Ausstattung (Bernhard Schröter) zu entscheiden. Musika- lisch runder, in manchem gediege- ner scheint die Reiseversion, zumal mit Paul Kreider ein trefflicher Guglielmo zur Verfügimg steht, und mit Diane Elias eine Dorabella mit sehr schönem Mezzo
(Salzburger Festspiele; „Die Jü- din von Toledo" von Franz Grill- parzer) Wieder hat sich Thomas Langhoff an einen österreichischen Autor herangemacht, an einem ¦ Klassiker versucht, gelegentlich vergriffen, dessen Verdrängungen er sicher erkennt und ausspielt (daher auch die Lacher an unpas- senden Stellen), Langhoff läßt nicht ahnen, vermuten. Das mag für unsere Gesellschaft, die dem Hin- hören auf Zwischentöne, auf ver- steckte Hilfsappelle den Abschied gegeben hat, die Form geschätzter Interpretation sein.Susanne Lothar als Rahel bringt auf die Waage des Stücks ein ver-
(Salzburger Barockmuseum; bis 2. September) Kenner wissen, daß im Salzburger Barockmuseum stets das Feinste vom Feinen aufzuspü- ren ist. Für diesen Sommer mit „Maulpertsch in Lemberg" Ölskiz- zen und Zeichnungen österreichi- scher Barockmaler aus dem Legat des k. k. Major Karl Kühnl in den Sammlungen der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften und aus der Lemberger Gemäldegale- rie. Abgesehen von der hochinter- essanten Geschichte dieser Samm- lung erwarten den Besucher hin- reißende ölskizzen, die schönsten Stücke eben von Franz Anton Maul- pertsch (1724-1796), deren Farbge-
(Residenzgalerie Salzburg; bis 1. September) Wassily Kandinsky, Franz Marc, Marc Chagall, Pablo Picasso, Constantin Brancusi, Fer- nand Leger und Robert Delaunay - die verführerische Liste von Mei- stern aus dem Guggenheim-Muse- um dient dazu, Salzburg und seinen Steuerzahlern das neue Museum im Nagelfluh des Mönchsbergs zu sug- gerieren. Dieser Versuch brachte Bilder nach Salzburg in einer Qua- lität, wie sie hier noch nicht zu sehen waren. Die geballte Kraft der Gug- genheim-Stiftung widerspiegelt Franz Marcs in Ellipsen und Drei- ecke auflösbares Bild „Stier", sein „Armes Land
(Salzburger Festspiele; „Jeder- mann" von Hugo von Hofmanns- thal) Was an offensichtlich gesteu- erten Gerüchten von einem Anti- klerikalismus über diese erste neue Inszenierung seit langem herum- geisterte, löste sich rasch auf: Ger- not Friedel war bemüht, dem Stück ein „aggiomamento" angedeihenzu lassen, das nicht nur akzeptabel, sondern erfrischend wirkte. Hel- mut Lohner (Jedermann) legte spä- testens in den Szenen mit dem Glauben (Elisabeth Orth) sein Par- ty-Gehabe aus dem In-Lokal ab, seine Konversion war in berührend- zwingender Weise von den Guten Werken (Christine
(Salzburger Landestheater: „Going Round the Rink", Musical von John Kander und Fred Ebb) In Salzburg war die Aufführung eines Musicals überfällig. Intendant Lutz Hochstraate holte deshalb zu einer österreichischen Erstaufführung aus: „Going Round the Rink" geriet in der Regie von Bernd Palma zwar nicht zum Aufbruch, wohl aber zum tempogeladenen Stück über den Abbruch einer alten Rollschuh- bahn. Die Masche ist klar: Etwas Sigmund Freud, boulevardisiert mit Sentiment, ansonsten Action, das aber gekonnt. Daß dies nicht das stärkste Musical des Autoren-Duos ist, weiß man, aber es
(Kleines Theater Salzburg mit dem Antheringer Laientheater; „Brot“ von Luis Zagler) Das Thema Bergbauernschicksal geht auch dem Städter unter die Haut, wenn es richtig aufbereitet ist. Luis Zaglers „Brot“ (Vater tötet Sohn - sozusa- gen ein umgekehrter Ödipus) ge- winnt nur an jenen Stellen Intensi- tät, wo es nicht um die grobe Ein- haltung einer einmal erprobten Ordnung geht, sondern wo die Mutter zum Brot (das der wie die Eltern existenzbedrohte Sohn näch- tens und mittags stiehlt) noch das Schmalz dazustellt. Die Probleme der Armut kennt man aber nicht nur bei Bergbauern: denn
(Landestheater Salzburg; „Trilo-gie des Wiedersehen" von Botho Strauß) Die Szenen von Beziehungen und Beziehungslosigkeit, von Angst und Einsamkeit, von Kälte und Liebe, im Jahr 1977 in Hamburg uraufgeführt, haben nichts an Aktualität verloren, zumal Strauß sehr genau zeichnet, nicht psycho-logisiert, nicht ideologisiert. Die oft grellen Auseinandersetzungen gewinnen dadurch ihre Intensität, die vor allem durch Georg Marin als Moritz, Direktor des Kunstvereins, in der Salzburger Aufführung eindringlich werden. Er ist die konsequenteste Figur in diesem personenreichen Spiel, das
(Kleines Theater Salzburg; „Die Zofen" von Jean Genet) Keines- wegs stellt diese Aufführung der „Zofen" einen Verschnitt von Ahn- frau, Lady Macbeth und der Letz- ten am Schafott dar, wohl aber scheint sich Judith Estermann mit ihrer Inszenierung weniger an Jean Genet als an Jean Paul Sartres irre- führende Mitteilung gehalten zu haben, der sagte: „Was Genet an das Theater fesselt, ist das Element von Täuschung und leerem Schein, von Künstlichkeit. Er wurde Dra- matiker, weil die Unechtheit der Bühne die offenbarste und faszi- nierendste ist... Es geht ihm darum, das .Sein' im
(Salzburger Landestheater; „Eugen Onegin“ von Peter I. Tschai-kowsky) Wenn ein westlicher Regisseur versucht, in die Seele eines russischen „Westlers“ einzudringen um sie auszuloten, kommt heraus, was man zur Zeit in „Eugen Onegin“ vor allem sehen kann: Stellenweise hinreißend schöne Bilder -Regisseur Pet Halmen kommt vom Bühnenbild -, die dem gerecht werden, was der Regisseur an Seelenstürmen interpretiert: für jede Seelenregung gibt es ein anderesLicht. Die Konsequenz bleibt Halmen freilich schuldig.Dazu kommt, daß auch Hans Graf mit dem Mozarteum-Orchester gelegentlich
(Rupertinum Salzburg; bis 3. Dezember) Das lithographische Werk Pablo Picassos - in all seinen Facetten, mit nicht wenigen Zu-standsdrucken, alles in allem mehr a.ls 200 Blätter - zeigt zur Zeit das Rupertinum. Die Lithographien lassen den fulminanten Zeichner erkennen, den mit sich unzufriedenen Künstler, der ständig etwas Neues schafft, wenn er auch nur ein Thema an mehreren Steinen gleichzeitig bearbeitet. Eine Welt mit ihren vielen Gesichtern, ein Stier in vielen Variationen, bis schließlich fast nur mehr eine geometrische Notiz bleibt. Das Mädchengesicht hält seine Identität durch
(Salzburger Landestheater; „La Boheme“, Oper von Giacomo Pucci-ni) Es hat sich alles gut gefügt: Intendant Lutz Hochstraate hat für die Salzburger Kulturtage im Großen Festspielhaus die Puccini-Oper so inszeniert, daß von vornherein auf ebenso sorgfältige musikalische Arbeit Wert gelegt wurde, wie auf eine Regie, die dem rührseligen Sujet Ernst und menschliche Züge verleiht.Hans Graf hatte mit dem Mozarteum-Orchester gediegen musiziert, die Wunschkonzert-Arien fügten sich dem musikalischen Konzept und weniger der einzelnen Bravour. Mit Kallen Esperian hatte man eine Mimi zur
(Elisabethbühne Salzburg; „Me-dea“, Tragödie von Euripides) Antike Themen haben allemal aktuelle Bezüge vorzuweisen. Medea war, wie Euripides zeigt, eine bevormundete Frau, die Emanzipation ist alsoeiner der zeitnahen Stränge dieses antiken Dramas. Die Frau, die einem geliebten Mann hilft und sich dabei selbst mit Schuld belädt, sieht sich von diesem um einer anderen willen des Landes verwiesen; die Scheidungsproblematik der andere Strang. Abgründe tun sich in der Frau auf, die schließlich nach der Nebenbuhlerin auch noch ihre eigenen Kinder schlachtet, um den geliebten Mann zu
(Salzburger Festspiele, Landestheater; „Das Mädl aus der Vorstadt“ von Johann Nestroy) In dieser ebenso gescheiten wie einfühlsamen Inszenierung Jürgen Flimms müßten Menschenkenntnis und Kritik nicht als „psychologische QuadriUierungen“ des Unterfutters der Regie Sigmund Freud und Arthur Schnitzler hervorschauen lassen. Man könnte sich mit dieser Nestroy-Exegese durchaus anfreunden — würde sie konsequent durchgehalten: doch der Sturz aus der Posse in den Klamauk kommt spätestens im zweiten Akt samt seinem mißratenen Schluß.Ab diesem Zeitpunkt geht Sehne— ferl Otto Schenk
(Landestheater Salzburg, Kammerspiele; „Kleinbürgerhochzeit von Bertolt Brecht) Karl Valentin gewidmet, seiner grellen Beleuchtung von ganz „normalen“ Verhältnissen abgeschaut, hat die „Kleinbürgerhochzeit“ Ähnlichkeiten mit „Biedermann und Brandstifter“ von Max Frisch. Schicht um Schicht der andressierten Wohlerzogenheit wird abgetragen; was bleibt, ist pure Aggression. Wie bei dieser Hochzeit, deren Feier im eigenen Heim mit selbstgebastelten Möbeln stattfindet, Verhältnisse und Bezüge bloßgelegt und -gestellt werden, ist für den Theaterfan reines Vergnügen.Die
(Salzburger Landestheater; „Medea und…“ Neues Tanztheater) Der anspruchsvolle Titel gilt vor allem für den dritten Teil dieses interessanten Abends, der als „Epilog“ figuriert. Beat Fur-rers Musik und Manfred Aichingers Choreographie zeigten (in einem sehr schönen Bühnenbild von Knut Hetzer), wie Medea als Ewig-Suchende ständig präsent ist. Hier haben Modernität und Professionalität zu einer begeisternden Uraufführung dieser Neufassung geführt. Michael Jarrells „Der Schatten, das Band, das uns an die Erde bindet…“, von Etierme Frey choreogra-phiert, ist an zweiter
(Salzburger Landestheater; „Der tollste Tag“ von Peter Turrini) Sieben Viertelstunden dauert diese Komödie - und „entartet“ damit zur Tragödie im klassischen Sinne. Was glänzendes Spiel hätte sein sollen, endet mit dem — notwendigen und wenig sinnvollen - Tod des Grafen Almaviva. Turrini hat „frei nach Beaumarchais“ eine glänzende Paraphrase auf den Figaro-Stoff verfaßt, dessen lyrische Einsprengsel das Publikum mit Begeisterung annahm. Lutz Hoch- straate inszenierte mit Witz, Tempo und durchwegs guten schauspielerischen Leistungen von Karlheinz Glaser (Almaviva), Brigitte
(Salzburger Landestheater; „Don Giovanni“ von W. A. Mozart) Diese Neuinszenierung des Dresdner Regisseurs Joachim Herz ist nicht nur solide gebaut, sondern auch musikalisch ausgezeichnet betreut vom Salzburger Mozarteumorchester unter Hans Graf. Herz hat sich von Thomas Pekny die Bühne mit zwei Treppen „anräumen“ lassen und sich damit die Chance zu großzügiger Bewegungsregie offenkundig mit Absicht verstellt.Es bleibt die Konzentration auf das Ensemble, in dem, keine Frage, die Blumen den Damen gebühren: Ingela Berglund (Donna Anna), Evelyn Holzschuh (Donna Elvira) und Katharine
(Landestheater Salzburg; „Transit Europa“ von Volker Braun, nach Motiven von Anna Seghers) In den Kammerspielen hat Intendant Lutz Hochstraate diese brisante österreichische Erstaufführung von Volker Braun angesetzt. Sie spielt 1940 in Frankreich. Marseille ist für Tausende Flüchtlinge vor dem Hitler-Regime der letzte offene Hafen zur Flucht. Schicksale — nicht überhöht, nicht niederer gemacht als die Menschen sind - hat der DDR-Autor mit starker dramatischer Sprache gezeichnet, Existenzen zwischen Realität und Irrealität, zwischen Surrealismus und Symbolismus pendeln lassen.Knut
(Salzburger Landestheater; „Der Unbestechliche“ von Hugo von Hofmannsthal) Es stehen einander gegenüber: Einigermaßen „schlamperte“ Verhältnisse und einer, der nach selbstauferlegter Abstinenz gebeten wurde, die Ordnung im Hause wiederherzustellen. Theodor, der Unbestechliche, der bestechliche Engel im Hause der Baronin, ist vom „Heldenplatz“ ins untergehende Habsburgerreich übergesiedelt; Wolfgang Gasser ist der Theodor in Salzburg, in einer Inszenierung von Klaus Gmeiner, die Schlüsse zu ziehen dem Publikum überläßt.Die Komödie, die fast eine Tragödie ist, hat Gmeiner
(Salzburger Landestheater, Kammerspiele; „Weiße Rose“, Szenen von Udo Zimmermann) Über die Arbeit Zimmermanns braucht man nach weit mehr als 70 Inszenierungen seit der Uraufführung nichts mehr zu sagen. Die „Weiße Rose“ als Synonym für passiven Widerstand findet heuer ihre Ausgestaltung als musikalisch packendes Drama zweier junger Menschen in der Grenzsituation vor ihrer Hinrichtung. Alles, was an Tag- und Nachtträumen, an Verdrängtem, an Ängsten Sophie und Hans Scholl peinigt und beunruhigt, findet musikalisch Farbe und Expression, besonders schön in den lyrisch-expressiven
(Salzburger Landestheater; „Die Verlobung im Kloster“, lyrisch-komische Oper von Sergej Prokofjew) Eine österreichische Erstaufführung des 1953 verstorbenen Komponisten in Salzburg - eine Sensation? Sicher nicht, aber eine interessante und gelungene Aufführung, zumal sich Prokofjew nach seinen Aussagen für die lyrische Seite des von ihm selbst bearbeiteten Stoffes der „Duenna“ nach Sheridan entschieden hat. Die Aufführung ist ein Verdienst von Kapellmeister Wolfgang Rot und des tschechischen Regisseurs Karel Nemec, der die Oper 1976 in Luzern inszeniert hat.Die Komik der Oper
(Elisabethbühne Salzburg; „Porträt eines Planeten“ von Friedrich Dürrenmatt) Diese letzte Bestandsaufnahme der Erde entbehrt keineswegs des Witzes, des Sarkasmus, aller Grausamkeit, deren Menschen fähig sein können, aller Absurdität und allen Selbstbetrugs. Die Elisabethbühne führt Lachen und Schaudern des Stücks mit sparsamen (im Sinne Dürrenmatts vielleicht zu sparsamen) Mitteln als Bilderbogen gesellschaftlichen Getues der Menschen vor. Das Porträt ist in jenem Augenblick entworfen, in dem sich die Sonne anschickt, zu bersten, zu einer Supernova zu werden und die Erde zu
(Salzburger Landestheater; „acobowsky und der Oberst“ von Franz Werfel) Nach Jacobowsky, dem grundgescheiten, liebenswürdigen, gottvertrauenden polnischen Juden gibt es immer zwei Möglichkeiten. So auch bei der Inszenierung dieser „Komödie einer Tragödie“: Wird sie mit Ideologie beladen, ist es schlecht. Wird sie nicht mit Ideologie beladen, gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Sie wird pralles, volles Theater, oder — so in Salzburg — sie verliert an Dichte und Spannung, weil man Schwerpunkte in zu vielen Richtungen setzt.Daß man Fritz Muliar für die Titelrolle engagiert hat,
(Salzburger Landestheater; „Das Kaffeehaus“ von Carlo Goldoni) Wenn eine Sessellehne, die dem Wirt in der Hand bleibt — was in der Praxis auch vorkommen soll — der am meisten belächelte Gag bleibt, dann sieht es für eine Komödie eher traurig aus. Goldoni, Commedia dell'Arte, H. C. Artmann als Ubersetzer — all das zusammen war für Regisseur Franz Winter immer noch zuwenig, seine Inszenierung des „Kaffeehauses“ geriet zur Fadesse, Zuschauer fielen in die Umarmung von Morpheus.Die Geschichte von den Spielern und ihren Frauen zwischen dem Cafetier und einem nur so genannten
(Landestheater Salzburg; „Mein Kampf“ von George Tabo-ri) Wenn ein Stück als „Farce“ deklariert wird, dürfte man dennoch annehmen, es würde sich nicht nur um eine Aneinanderreihung von Szenen handeln, zumal sich beim Thema der Vergangenheitsbewältigung doch einige notwendige Parameter aufdrängen: Einmal kann die jüngere Generation, wenn sie nicht gerade mit dem Studium der Zeitgeschichte befaßt ist, zwischen Wichtigem und Bedeutungslosem kaum unterscheiden; was Tabo-ris Text eben nicht immer zuläßt.Die andere Gefährdung besteht in den Löchern zwischen den Szenen; dazu ist
(Salzburger Landestheater; „Iphigenie in Aulis“ von Christoph Willibald Gluck) Um Glucks Geburtstag zu begehen, ging jemand ins Kostümdepot, nahm dort blind, was er fand -der Ausstatter Bernd-Dieter Müller präsentierte antikische Säulentrommeln, einen Aushilf s-Picasso, Badehäuschen rund um die Opferarena und ähnliches, was in einem touristischen Aulis zu finden sein mag. Klaus Gmeiner, als Schauspielregisseur anerkannt und ausgewiesen, inszenierte mit dem Ausstatter gegen das Stück, gegen das Prinzip der Einheit des Stils — und meuchelte „Iphigenie“.Denn es handelte sich
(Salzburger Landestheater; „Woyzeck“ von Georg Büchner) Zu berichten ist von einem „Woyzeck“, der weitum jeden Vergleich aushält. Erwin Ebenbauer gibt als Titelfigur eine Charakterstudie von hohem Rang, jeder Ton, jede Gebärde stimmt: „Der Mensch ist ein Abgrund.“ Seine Zerrissenheit, seine fehlenden Möglichkeiten der Entfaltung, seine erschütternden Einsichten über Leben, Gott und die Welt -Ebenbauer spricht diese Sätze, als wären sie eben im Hirn seines Woyzeck entstanden.Während die Figuren rund um Woyzeck Anlaß für seine Erkenntnisse und für seinen Fortschritt in
(Elisabethbühne Salzburg; „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ von Witold Gombrowicz) Königsfamilien kommen mit ihrem Nachwuchs hin und wieder in Schwierigkeiten. Witold Gombrowicz hat seine Burgunderprinzessin „Yvonne“ 1935 (!) in einer polnischen Literaturzeitschrift erscheinen lassen, die Uraufführung kam 1957 in Krakau zustande, das Stück wurde sofort verboten. Erstmals im Westen wurde „Yvonne“ 1965 in Frankreich aufgeführt. Die Elisabethbühne zeigt nun in Salzburg dieses Stück um ein seelisch und körperlich geschädigtes Wesen, das einen Prinzen so sehr ärgert, daß er
„Seit ich höre, hat man mir gesagt, ich sei anders und ich habe geachtet drauf, ob es so ist, wie sie sagen. Und es ist so, Hochwürden, ich bin anders... Jetzt ist es an Euch, euren Jud anzunehmen.“Max Frisch hat in Andorra“ literarisch vorgeführt, wie eine Dorfgemeinschaft ein lebendiges Phantom aufzubauen vermag, jenen eingangs zitierten Andri, Sohn eines Andorraners mit einer ,JSchwarzen“, einer Angehörigen des drohenden Nachbarn. Aus der Lebenslüge des Vaters, der zu feig war, sich zu diesem Sohn zu bekennen und ihn als von ihm gerettetes Judenkind ausgibt, wird der Bub durch
(Landestheater Salzburg, Großes Festspielhaus; .Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Doni-zetti) Die tragische Oper mit ihren Verstrickungen von Macht und Liebe zeigt Menschen, mißbraucht im Spiel der Herrschenden. Lutz Hochstraate hat einige italienische Kräfte nach Salzburg geholt, die den Anspruch dieser Kulturtage weit übertreffen. De-nia Mazzola (Lucia) und Giuseppe Morino (Edgardo) ließen die von Hans Graf geleitete Aufführung musikalisch und darstellerisch zu einem großen Abend werden. Der durchaus italienische Abend erinnerte an die Festivals von Verona und Macerata — allerdings
(Salzburger Landestheater; „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill) Nimmt man das Stück zivilisationskritisch, daß Underdogs sich der Methoden der herrschenden Klasse bedienen, um diese zu schädigen, zählt es heute zum Vergeßbareh. Nimmt man diese Bettleroper aber als immer noch gutes Musiktheater, dann gebührt der kleinen Olivia Stein (Kind) die Auszeichnung, den wahren Brecht-Weill-Sound ins Salzburger Landestheater gebracht zu haben, wiewohl respektable Schauspieler aufgeboten waren, und ebenso großes Lob vor allem der Wolfgang Pillinger-Big-Band für jene Musik,
(Salzburger Festspiele, Landestheater: „Der einsame Weg” von Arthur Schnitzler) Das Stück hat Längen und enthält Banalitäten, das hat Schnitzler selbst gewußt. Thomas Langhoff meinte, in Salzburg die Seelenfärbung auf die Bühne übertragen zu müssen; in diesem Stahlblau und Rostbraun finden sich kein Spätsommer und schöner roter und gelber Herbst (wie im Text zu lesen), sondern nur Raum, um Depressionen anzuzüchten.Es scheint doch eher ein mißverstandener Schnitzler zu sein, denn „Der einsame Weg” verrät nicht schon von Anfang an, was alles an Verquerem die Menschen dieses
(Salzburg, Rupertinum, bis 4. Oktober, täglich 10-17 Uhr, Mittwoch 10-21 Uhr) Der Norweger Edvard Munch (1862 bis 1944) steht am Beginn der Moderne, seine Bilder sind Bilder eines Verletzten, der sich von den Traumata seiner Kindheit nie mehr ganz erholt hat, sie sind aber gleichermaßen schon von Ahnungen übersät wie die Philosophie eines Sören Kierkegaard von Krankheit, Angst und Tod.Das Salzburger Rupertinum widmet seine diesjährige Sommerausstellung diesem Edvard Munch, der auch als Erwachsener weiter zwischen Nähe und Furcht pendelte, wenn es um das Thema Frau ging, der die
(Salzburger Landestheater: „Fürst von Salzburg Wolf Dietrich“. Szenische Chronik von Gerhard Wimberger) Die Uraufführung in der Salzburger Felsenreitschule reiht Szene an Szene, man erinnert sich mit Wonne an das „Spiel der Mächtigen“, doch dann - je länger, umso ärger - behält Banalität das letzte Wort.Dabei hätte die Biographie des Raitenauers als Fürsterzbischof von Salzburg zum Spiel eines Mächtigen werden können, hätte der Aufwand dies erwarten lassen. Da hilft nicht die Bemühung von Regisseur Wolfgang Glück, nicht die Strapaze von Dirigent Hans Graf samt
(Landestheater, Kammerspiele, Salzburg; „Fräulein JuUe“ von August Strindberg) Man tut sich schwer, dieses „naturalistische Trauerspiel“ als mehr zu nehmen denn einen Versuch, „das Schauspiel eines verzweifelten Kampfes wider die Natur“ (Strindberg über sein Stück) auf die Bühne zu bringen und damit etwas darzustellen, was heutzutage dank dem Wechselgeld von Sigmund Freud eher verstaubt wirkt, selbst wenn Strindberg darauf besteht, er finde „Lebensfreude in den starken, grausamen Kämpfen des Lebens“ und sein Genuß sei es, etwas zu lernen. Unter diesen Voraussetzungen hat
(Landestheater Salzburg; „Frühlings Erwachen" von Frank Wedekind) „Kindertragödie" nennt der Autor sein Stück im Untertitel, hat aber dann offensichtlich schon von der nach seinem Geschmack ersten Mißdeutung durch Max Reinhardt bei der Uraufführung 1906 in Berlin genug und schreibt später in „Betrachtender Prosa und was ich mir dabei dachte" von „grauenvoller Humorlosigkeit" der „Schulfexerei des Naturalismus".Den Weg des Rekurses auf die Groteske, weniger auf den Humor, geht Uwe Berend in Salzburg. Vom „sonnigen Abbild des Lebens", wie es Wedekind meinte, aber weit entfernt,
(Salzburger Landestheater; „Elektra“ von Richard Strauss) Diese Inszenierung Siegwulf Tu-reks im Kleinen Festspielhaus gibt es in den großen Partien in doppelter Besetzung. Zu berichten ist vom Glück der zweiten, (fast) runden Aufführung, in der Elektra vom Platz der Königstochter zum Gesinde in den Vorhof des Palastes gestürzt wird.In der giftigen Atmosphäre des Königsmordes lebt Klytämnestra ruhelos mit ihrer Rache sinnen-den Tochter Elektra, die den Mord am Vater Agamemnon gesühnt sehen will, und mit der angepaßten, weichen zweiten Tochter Chrysothemis. Archaisches erlebt man
(Salzburger Landestheater; „Bunbury“ von Oscar Wilde) Fast jeder Satz eine Pointe, fast jeder dritte ein Zynismus, jeder fünfte ein Bonmot. Das ist „Bunbury“, drei Akte lang. Oder kurz. Denn das Tempo des Stückes lebt von der Schlagfertigkeit der Schauspieler, nicht minder aber von der Aufnahmefähigkeit des Publikums.An einem Altjahrstag die Premiere anzusetzen (eigentlich zwei, um 21.30 waren dann die Silvestergäste im Haus) garantiert gute Laune im Publikum, Stimmung im Ensemble, sodaß gar nichts schiefgehen konnte.In der sorgfältig gebauten Inszenierung von Christian Dornkam
(Salzburger Landestheater; „Die Zauberflöte“ von W. A. Mozart) Die erste große Opernproduktion der Intendanz Hoch-straate im eigenen Haus („Fide-lio“ fand im Festspielhaus statt) lebt vor allem vom Gesang der Pamina und der Königin der Nacht, von Diane Jennings und Kathleen Casello, sowie mit einigem Abstand, vom Mozarteum-Orchester unter Hans Graf.Dann wäre allerdings zu fragen, wie weit die Ausstattung mit der auf das Dreieck bezogenen Symbolik die Inszenierung von Imo Moszkowicz behindert. Oder konnte die Ausstatterin Hanna Wartenegg dieser Inszenierungsidee nichts mehr
(Salzburger Landestheater; Kammerspiele; „Das letzte Band“ von Samuel Beckett) Nicht nur Bücher, auch Schauspiele, zumal moderne, haben ihre Schicksale und ihre Zeiten. Allenfalls aber, so muß man einschränken, ändert man sich selbst so, daß dieses oder jenes Stück einen nicht mehr so berührt wie ehedem. Dieses „Letzte Band“ hat viele schöne lyrische Stellen, die sehr gut zu dem sich mit Hilfe von Tonbändern erinnernden Krepp passen.Nun hat Beckett diesen Krepp zwischen Clochard und Clown, zwischen absinthversoffenem Sandler und hochintelligentem, aber eben erfolglosem
(Salzburger Landestheater; „Ödipus/Antigone“ von Sophokles) Die zweite große Schauspielpremiere nach Raimunds „Verschwender“ galt der Antike: der Geschichte der Labdakiden, von „König ödipus“ über „ödi-pus auf Kolonos“ zur „Antigone“. Für den ersten Teil des ödipus-Projektes ließ man sich auf Ernst Buschors klassische Ubersetzung ein, für die „Antigone“ waren schon drei Autoren vonnöten — Verlust der Klassik und Hinwendung zur Ideologie?Man erfuhr es im Lauf des Abends: König ödipus und sein Erkennen bis zur Selbstvertreibung aus Theben waren fast
(Rupertinum, Salzburg) Der Liebhaber einer Landschaft, Lo-vis Corinth und „sein“ Walchensee, und der Liebhaber menschlichen Gesichts und der Figur, Oskar Kokoschka, sind im Salzburger Rupertinum zu sehen. Dieser mit früheren Arbeiten, jener mit später Hinneigung zu einer Landschaft. Es ist faszinierend, wie mit wenigen Strichen eine Tiefe, ein steil abfallender Hang entstehen, wie Nebel eine Gegend formt und schließlich, geradezu als Apotheose, 1924 das Landschaftsporträt „Der Jochberg am Walchensee“.Der „Oberwildling“ Oskar Kokoschka, dem die Festspiel-Ausstellung mit
(Rupertinum, Salzburg, bis 31. August) Oskar Kokoschkas 100. Geburtstag ist dem Rupertinum, das fast über das gesamte druckgraphische Werk des Meisters verfügt, Anlaß für eine Schau von etwa 200 Arbeiten für das Theater aus den Jahren 1907 bis 1964.Im Mittelpunkt steht die Ausstattung der „Zauberflöte“ 1955 in Salzburg, die Wilhelm Furtwäng-ler knapp vor seinem Tod O. K. noch abringen konnte (es dirigierte dann George Solti). Die Entwürfe lassen allerdings erkennen, daß die Arbeit einen nicht geringen Teil ihres Ruhmes den Werkstätten und dem Ausstattungschef der Salzburger
(Elisabethbühne Salzburg; „Geschwister“ von Klaus Mann) Diese österreichische Erstaufführung des von Jean Cocteau mitinspirierten Stücks mit stark autobiographischen Zügen wird nicht unbemerkt bleiben. Reisen des Ensembles etwa nach Luxemburg mit den Aufführungen von „Faust“ (beide Teile) und Frischs „Chinesischer Mauer“ belegen die Qualität der Gruppe.Mit den „Geschwistern“ zeigt Peter Arp - wie schon mehrmals- gediegene Regiearbeit: Stimmiger Ton in Sprache und Dialog, keine Outragen, delikat und dynamisch die psychische (gelegentlich simple) Problematik entfaltend.
(Salzburger Landestheater, „Was ihr wollt“ von W. Shakespeare) Illyrien ist ein schräg gestelltes Viereck, rückwärts erhöht, eine Spitze in den Zuschauerraum gerichtet. Darauf spielt sich das Verwirrspiel der Zwillingsgeschwister und der Partnersuche ab. Shakespeare wußte, daß er seinem Publikum Höfisches allein nicht zumuten kann, deshalb widmete er seine Sorgfalt auch und in vermehrtem Maße dem Rüpelspiel. Schauspielerisch läßt es entschieden mehr zu, und der deftigen Unterhaltung sind so kaum Grenzen gesetzt.Opfer des Hofes wie des Hinterhofes ist Malvolio, in Salzburg mit
,,Jiauris“ — das meint Weltmeisterschaft im Goldwaschen und Sonnblick, meint aber auch Literatur, moderne. Und das seit nun 16 Jahren. Am Beginn der 16. Rauriser Literaturtage wurden Preise vergeben: den geteilten Literaturpreis des Landes erhielten Christa Moog (Westberlin) und' Eva Schmidt (Vorarlberg), den Förderungspreis für ein noch nicht aufgeführtes Jugendstück erhielten Roswitha Reinhard-Hamadani (Wien), Walter Müller (Salzburg) und Gerhard Lacroix (Wien). Der Rauriser Bürgerpreis ging erstmals an einen NichtÖsterreicher, den in Muri bei Bern praktizierenden Psychiater und
(Salzburger Landestheater, Kammerspiele; „Das Opfer Helena“ von Wolfgang Hildesheimer) Dem 1955 ursprünglich als Hörspiel geschriebenen Stück kann die Einrichtung dieser mehrschichtigen witzigen Geschichte um die Entstehung des Trojanischen Kriegs für die Bühne Eintrag tun: Helena, die meint, am Netz zum Fang anderer zu weben, verfängt sich selbst in einem zunächst unsichtbaren Netz.Offensichtlich dem Pariser Li-do verpflichtet, stöckelt Angelika Welzl zwischen ihren Rollen als Erzählerin und „actrice fatale“ hin und her. Doch Gatte Menela-os (Klaus-Martin Heim) wie Entführer
(Elisabethbühne Salzburg: „Aus dem Leben der Regenwürmer“ von Per Olof Enquist) Zweierlei Sprachen werden in diesem Stück rund um Hans Christian Andersen gesprochen: jene des Umgangs im Salon und die wahre. Wie Enquist Schicht um Schicht von dem selbst aufgetragenen Make-up der Figuren wieder abnimmt, bekommt in dieser Aufführung der Salzburger Elisabethbühne tiefenpsychologischen Touch wie in einem Stück von Albee.Die intime Studiobühne konzentriert Zuschauer wie Schauspieler gleichermaßen. Harald Krassnitzer (Andersen) ist nicht nur in den leisen Passagen überzeugend. Ulrike
(Salzburger Landestheater: „Der Volksfeind“ von Henrik Ibsen) Die Geschichte des Badearztes Dr. Stockmann, der von Heilsuchenden das verseuchte Wasser der Kuranstalt abwenden will, läßt sich als Geschichte vom „grünen“ Heiler inszenieren, auch als Drama vom intellektuellen, ehrlichen „Ubermenschen“, der in diese Hybris von der Masse hineingetrieben wird und sich schließlich in einen gewissen Anarchismus aus Trotz und Uberzeugung einigelt.So geschehen im Volkstheater Wien und auch in Salzburg, wo -dank des ausführlich ausgespielten berühmten 4. Aktes mit der
(Salzburger Landestheater: „Tosca“, Oper von Giacomo Puc-cini) Zu den Salzburger Kulturtagen ist diesmal „Tosca“ aufgeboten, deren dramatische Handlung sich bekanntlich gegen einen Polizeipräsidenten richtet und in der Liebe gleichberechtigtes Thema ist. Dem Auskosten des Melos sollte nichts in den Weg gestellt werden, aber die Umsetzung der dramatischen Spannung ist ebenfalls gefordert.Sowohl Regisseur Günter Kö-nemann als auch Dirigent Hans Graf mit dem Mozarteum-Orchester haben leider diese nicht unwesentliche Seite erheblich vernachlässigt, zur Bewegungsregie Könemanns fällt
(Salzburger Elisabethbühne: „Die Chinesische Mauer“, Farce von Max Frisch) Frischs Stück ist in der Zeit des Baues der Chinesischen Mauer angesiedelt. Ein Heutiger kommt dazu, der in einem Wirbel historischer Epochen, in Konfrontation mit usurpatorischen Figuren wie Napoleon oder eben Kaiser Hwang Ti, Entdeckern wie Columbus oder Gestalten der Weltliteratur wie Don Juan und Romeo und Julia sich mit Freiheit und Frieden und schließlich auch mit der Charakterlosigkeit der Menschen zu beschäftigen hat.Georges Ourth bietet auf der Elisabethbühne schon seit langem das im Salzburger
(Salzburger Landestheater: „Oliver“, Musical von Lionel Bart) Intendant Federic Mirdita läutet seine letzte Saison geradezu mitleidheischend mit der Geschichte von „Oliver Twist“ ein, dem armen verstoßenen, mißbrauchten Buben, dessen sich in dieser deutsch-sprachigen Erstaufführung als Musical als Regisseur Wilfried Steiner und Choreographin Anna Vaughan angenommen haben, jenes Paar, das dem Landestheater für dieses musikalische Genre bereits einen gewissen Ruf verschafft hat.Das Stück lebt von den Kindern der Salzburger Chorknaben und -mädchen unter Hans Laimer, die allesamt
(Salzburger Landestheater, Kammerspiele: „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee) Nach der glänzenden Serie der O'Neill- und Albee-Stük-ke während der Intendanz Gan-dolf Buschbecks sieht man nun (nach 16 Jahren) wieder eine „Virginia Woolf“, die dem Theater zur Ehre gereicht. Wie in diesem Stück Psychosektion und Fassadendemolierung betrieben wird, findet sich in allen vier Rollen gleichermaßen umgesetzt.Tatjana von Radetzky ist eine Martha tyrannis, die ebenso verletzlich wie gemein ist, Peter Pikls George ist überaus stark in seiner Schwäche, indem er mitspielt
(Salzburger Festspiele, Landestheater; „Der Theatermacher” von Thomas Bernhard) Publizistisch war das Stück gut vorbereitet, viele hatten sich erregt über Beschimpfung oder Unflätiges: Die Aufführung durfte den Erfolg für sich buchen. Denn Textzusammenhang und Theaterwirksamkeit kompensieren viel.Das Sujet ist bekannt: Ein Staatsschauspieler — Bruscon -(der dem Alkohol entsagt hat) tingelt mit Frau, Tochter und Sohn durchs Innviertel. Das Stück stammt vom Familienoberhaupt, das sich auf der Ebene von Shakespeare und Goethe wähnt; später und zwischendurch sind die realistischen
(Galerie Academia, Salzburg, Residenzplatz 1; bis 31. August) Jean Dubuffet (1901-1985) habe, so erzählt man, 1962 am Telefon mit einem roten Kugelschreiber einen Notizblock vollge- ja, was? Jedenfalls entstand daraus eine neue Periode seines Schaffens als Maler, einem Beruf, dem sich der Weinhändler mit 41 Jahren erst spät zugewandt hatte. Allerdings sofort als wichtiger Anreger der Moderne, der mit der traditionellen Formensprache nichts mehr wollte. Unabhängigkeit von überkommenen Formen und Experiment bestimmen sein Schaffen.Die in Salzburg gezeigten Arbeiten reichen bis 1975,
(Salzburger Festspiele, Landestheater: „Der seidene Schuh” von Paul Claudel) Zwischen Jahrmarktfest und metaphysisch-religiösem Drama angesiedelt, läßt Claudel Regisseur und Publikum aus seinem „Opus universalissi-mum” wählen. Hans Lietzau, mit dem Kolossalgemälde aus den zwanziger Jahren lange vertraut, zeigt mit dem Salzburger „Seidenen Schuh” einen Bilderbogen, der mehr das Historisch-Anachronistische konturiert, aktuelle Probleme aber abwirft, wie jene der Dritten Welt, die der Diplomat Claudel schon früh gesehen hat. Das allzu Belehrende des Stücks hat Lietzau zu aller
(Rupertinum Salzburg, bis 24. Juli) „Ich bin sicher, daß Rem-brandt mich liebt.” Marc Chagall, am 28. März dieses Jahres in St. Paul-de-Vence gestorben, hat sich dieses Wort genehmigt, und die Auswahl der Radierungen zu Nicolai Gogols „Die toten Seelen”, die zur Zeit im Rupertinum - nach Villach und Graz — als Ausstellung aus eigenen Beständen der Salzburger Landessammlungen zu sehen ist, gibt ihm, recht. Was oftmals kindlich in der Komposition anmutet, entspricht dem Charakter der phantastischen Geschichte, die Gogol von Tschit-schikow, dem Scharlatan, erzählt: Salon und
(Rupertinum Salzburg, Philharmonikergasse 9, bis 28. April) Im Jahr 1955 stand die Welt der Antike noch heil, gerade Säulen im Forum Romanum dokumentieren dies. Aber schon 1963/64 erhalten die Bauten dieser Welt eine eigenartige Fliehkraft. Von einem im Untergrund noch wie ein Magnet zurückhaltenden Punkt suchen Säulen und Laternenpfähle, Brücken und Mauern auseinanderzustreben - nichts hält mehr seine ihm zugedachte Ordnung.Der Salzburger Zeichner und Maler Rudolf Hradil wurde am 1. April sechzig Jahre alt. Diesem seinem zeichnerischen Schaffen gilt deshalb diese große Retrospektive
(Salzburger Landestheater; „König Artus" von Henry Purcell) Dieser dritte Teil von „Orpheus britannicus" begann vielversprechend, ironisch, doch verlor das Drama von John Dryden bis zur Pause zusehends an Tempo und Witz. Die Geschichte von Artus, dem König der keltischen Briten (Walter von Hauff), und seinem sächsischen Widerpart Oswald (Klaus Ortner) lebt vom Streben und Weben der Zauberer und Geister und von Szenen, die aus der Musikliteratur gut bekannt sind wie jene mit dem Frost.Selbstverständlich hatte die Musik — Wolf gang Rot, Leiter des Mozarteum-Orchesters, der
(Museum Carolino Augusteum, Salzburg) Dem 100. Todestag von Hans Makart am 3. Oktober ist eine Ausstellung seiner Zeichnungen und Entwürfe gewidmet. Die Beispiele unterschiedlicher Qualität aus dem fast 1000 Blätter umfassenden Oeuvre der Graphik treiben das Verwirrspiel um den Salzburger Maler, der im imperialen Wien als „Maler und Großdekorateur" Triumphe feierte, auf die Spitze.Die Entwicklung der großen Gemälde — die in den Zeichnungen und Skizzen gründen und dort erkennen lassen, daß Makart „weniger Wunderkind und Zauberer" war (so Brigitte Heinzl in der Monographie im
(Salzburger Landestheater: „Tartuffe" von J. B. Moliere) Man kann Weltliteratur auf zweierlei Art anbieten: Werkgetreu oder aber verfremdet. Diese Welle ist zwar nicht mehr ganz „in", wird aber immer noch ein wenig aufgerührt; so geschehen auch mit dem „Tartuffe", dem man ein besseres Schicksal gewünscht hätte.Die Ubersetzung (Reinhard Koester) reimt sich, wird dank der überwiegend schlechten Sprecher im Ensemble entsprechend deklamiert, die Regie Dietmar Pflegerls bedient sich nicht des Witzes und der Ironie, sondern des berühmten Tritts. Es mußte, wie auch das dümmliche
(Galerie über dem Cafe Mozart, Salzburg, Getreidegasse 22, bis 29. September) „Pauser malt wahr", schreibt einmal Albert Paris Gütersloh über Sergius Pauser, von dem zur Zeit 33 Ölgemälde und 37 Aquarelle zu sehen sind. Mit dem Stichwort „Neue Sachlichkeit", die er offensichtlich Zeit seines Lebens durchgehalten hat, kommt man Sergius Pauser natürlich nicht sehr nahe.Denn die frühen Arbeiten haben alle noch etwas Statuarisches an sich, Landschaft wie Stilleben, Akt wie Porträt. Damit hat man auch schon die Gebiete Pausers umrissen, der natürlich nicht als entarteter
(Salzburger Festspiele, Landestheater: „Nathan der Weise" von G. E. Lessing.) Auf deutschsprachigen Bühnen wird man Les-sings dramatisches Gedicht „Nathan der Weise" in der kommenden Spielzeit in 19 Inszenierungen sehen können. Die Salzburger Festspiele haben mit ihrem „Nathan" in Johannes Schaaf s Inszenierung das Handicap dessen auf sich genommen, der allemal als Maßstab für Qualität der Regie und Aufführung herangezogen wird.Lessings dramatisches Talent hat dem Theater zum Thema Toleranz ein Stück geschenkt, das bisher die Menschen nicht besser machte.Nathan
(Salzburger Landestheater, Musikalische Werkstatt im ORF: „Faust und Yorick" von Wolfgang Rihm) Die Kammeroper Nr. 1 beginnt mit österreichischen Erstaufführungen „Chiffre I" und zwei von „Vier Gedichten aus Atemwende" (Celan) von Rihm, bevor „Faust und Yorick" in Szene geht. Die beiden Arbeiten führen musikalisch in die kleine Oper ein: Der Naturwissenschafter Faust, gleichzeitig Narr, verkannt, sucht nach immer noch besser entwickelten menschlichen Schädeln. Der, den er gesucht hat, war sein eigener, aber da ist er schon tot.Die Musik entspricht dem, was
(Landestheater Salzburg,Kammerspiele: „HäuptlingAbendwind" , von Johann Nestroy, „Die Humanisten" von Ernst Jandl) Jandls 1976 in Graz uraufgeführtes Konversationsstück soll mehr sein als Sprachsatire. Schließt man sich dieser Ansicht an, muß man zusehen, die Richtung der Kultur- und Zivilisationskritik mitzumachen, die diese männliche Ariadne als Faden in die Akkusative (an Stelle der Nominative) hineingewoben hat. Wissenschaft und Kunst insbesondere scheinen gefährdet.Die Sprache als Mittel der Macht, der Verführung ist mit „m3" angedeutet: Erhobener Arm und
(Salzburger Landestheater: „Der Walzer der Toreros" von Jean Anouilh) Die sarkastisch glänzende Farce bedarf leichter Regie-Hand und richtiger Besetzung. Belastet man das Stück, gewinnt es Dimensionen des Tragischen, besetzt man es falsch, wird ein Großeltern-Enkel-Stück daraus. Beiden Gefährdungen hat Federik Mirdita nachgegeben. Ein Hinweis im Stück auf Eclairs im Jahre 1903 läßt zu Mirditas zähen Bühnenkuchen Parallelen assoziieren, der ja Festspielgewaltigen nicht gereicht wird.Anouilh hat das Stück knapp nach der Jahrhundertwende angesiedelt. Der General lebt in einem
(Salzburger Landestheater: „König Ubü" von Franz Hummel) Diese Opernuraufführung geriet dem Landestheater zu einem großen Abend. Das Spiel von einem, dessen Frau auszog, ihn zum König und sich zur Königin zu machen, hält im Format des terroristischen Blutbads den Vergleich mit den Königsdramen Shakespeares aus. Alfred Jarrys Stück „Ubü" entstand vor den Vernichtungslagern Hitlers und auch vor dem Archipel Gulag: 1896.Hummel breitet als Vorspiel eine Klangfläche aus, steckt langatmig Terrain ab und zieht dann eine Idee hoch, wie einen Faden aus einem Teppich, dessen Verlauf er,
(Salzburger Landestheater, Kammerspiele; „Nora. Ein Puppenheim" von Henrik Ibsen). Daß „Nora" in der Kammer gezeigt wird, wäre eine andere Diskussion, daß diese sauber und klar gezeichnete Inszenierung von Romana Prochnicka (Ausstattung Manfred Szegedi) erfreulicherweise erfolgreich geriet, stellt einen der wenigen Glanzpunkte dieser Spielzeit dar.Die Regisseuse trägt an der als Puppe behandelten Nora eine Schicht nach der anderen ab, bis zu deren Emanzipation (die man nicht im heute landläufigen Sinn verstehen darf). Die Verquickung von Schuld und Liebe und Sühne und Freiheit ist
(Salzburger Kammer spiele: „Freunderfinder“ von Paul Maar.) Das Stück für „Menschen ab acht“ zeigt in seiner österreichischen Erstaufführung etwa Zehnjährige, die aus ihrer Kindheit in die Realitäten der Erwachsenenwelt gedrängt werden. Stefan (Klaus Peter Seifert) lebt mit Vater und dessen Freundin in neuer Umgebung: Das Fehlen von Freunden läßt ihn einen von seiner Phantasie erfinden, der Raumflugzeugkapitän ist und Kartenspieler; bis er ihn endlich wieder loszuwerden vermag, weil er eine erste Bindung zur Klassenkollegin Katja (Gabriele Lachmann) findet.Der erste Teil des
(Salzburger Landestheater; „Mit dem Rücken zur Wand” von Herwig Kaiser) Diese österreichische Erstaufführung des Juri- sten-Autors zeigt psychologische Entwicklung, Spannung neben Klischee und im übrigen eine Geschichte von alten Frauen in einem fast verkommenen Diäthotel in der Einschicht und jungen Leuten, die stolpernd in eine Geschichte geraten sind, in die sie offensichtlich nicht wollten. Der Verdacht lautet auf Mord bzw. Totschlag. Verkrustungen werden in den Gesprächen der geflüchteten jungen Leute mit den alten Frauen aufgebrochen, gegenseitig psychotherapeutische
(Salzburger Landestheater, Großes Festspielhaus: „La Traviata” von G. Verdi) Die Produktion des Landestheaters im Rahmen der Salzburger Kulturtage fordert offensichtlich ihr Opfer: Drei Pausen (!) dehnen die reine Spielzeit von zwei Stunden auf mehr als drei. Dabei scheint Knut Hetzer im Bühnenbild auf schnelle Umbaumöglichkeiten geachtet zu haben. An die Stelle der Ergriffenheit über die arme Violetta tritt in der ohnehin faden Regie von Karl Heinz Drobesch eher Heiterkeit über solches Unvermögen, die Umbaupausen kurz zu halten.Eine stimmlich sauber geführte, auch in der
(Salzburger Landestheater: „Bruder Eichmann“ von Heinar Kipphardt) Was die meisten bei dieser Kolportage überhört haben: Das Stück ist von einem Psychiater geschrieben, der die Pille seiner Ideologie überaus geschickt verpackt hat. Der kleine Eichmann in uns redet sich natürlich aus jeder Schuld heraus. Aber: Die Tendenz des Stücks ist ebenso antijüdisch wie antiamerikanisch.Denn keine der Analogszenen in dieser österreichischen Erstaufführung läßt auch nur eine winzige Andeutung zu, daß im Marxismus-Leninismus zum Beispiel der Archipel Gulag angesiedelt ist, den Kipphardt
Glatter als es sich Lehrer Josef Zenzmaier vielleicht wünschte — im Sinne seiner Schülerin Alke Reehaus Hildesheim —, glatter ge-rieterTder Schülerin bronzenere Kopf und Schutz in einem. Auf der Festung Hohensalzburg hielten Lehrer und Schüler (460 aus 25 Nationen) mit den Freunden der Kunst nach sechs Wochen Arbeit Heerschau über die Internationale Sommerakademie dieses Jahres in Salzburg.Was an Malerei, Architektur, Photographie, Illustration, Plastik zu haben ist — die Gedanken gehen in den Raum zurück, in dem die Gefolgschaft des Salzburger Bildhauers Josef Zenzmaier und seines
Emil Noldes „Ungemalten Bildern“ ist, zusammen mit anderen bedeutsamen Arbeiten, eine Ausstellung im Salzburger Rupertinum gewidmet; fast ein halbes Hundert jener 160 Blätter ist zu sehen, die Nolde zwischen 1939 und 1941 gemalt hat; heimlich, auf Japanpapier, als Aquarell, damit die Gestapo die Ölfarbe nicht rieche, in kleinem Format, für Freunde.„Wenn Krieg oder Unverstand meine Kunst vernichten sollte, sollte dann nicht ich immerhin noch dankbar sein, daß ich während meines ganzen Lebens dafür leben durfte und das Glück mir verliehen war, sie schaffen zu dürfen“, notierte
(Salzburger Festspiele; „Jedermann“ von H. v. Hofmannsthal) Es muß einem nicht einmal zuwider sein, was an diesem populären Stück herumgemäkelt wird: Der „Jedermann“ hat seine Meriten. Friedrich Heer schreibt dazu im Programm: „Der Jedermann des Hugo von Hofmannsthal verkündet die Frohe Botschaft vom guten Sterben. Diese Botschaft wird aufgenommen … im Salzburger .Jedermann von jedermann.“ Und Hermann Lenz spricht von einer lebendigen Kraft, „die außerhalb des Ästhetischen und Kommerziellen wirkt“.Die holzschnittartige Struktur des Werks hat Ernst Haeusser- man deshalb