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Zu gekünstelt

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(Landestheater, Kammerspiele, Salzburg; „Fräulein JuUe“ von August Strindberg) Man tut sich schwer, dieses „naturalistische Trauerspiel“ als mehr zu nehmen denn einen Versuch, „das Schauspiel eines verzweifelten Kampfes wider die Natur“ (Strindberg über sein Stück) auf die Bühne zu bringen und damit etwas darzustellen, was heutzutage dank dem Wechselgeld von Sigmund Freud eher verstaubt wirkt, selbst wenn Strindberg darauf besteht, er finde „Lebensfreude in den starken, grausamen Kämpfen des Lebens“ und sein Genuß sei es, etwas zu lernen. Unter diesen Voraussetzungen hat die Regisseurin Dagny Elisabeth Schüler vor allem bei der Figur des Jean (Gerhard Peilstein) zuviel Gekünsteltes, ja Outrage gleich in der ersten Szene mit Jean und Kristin (Susanna Szameit) durchgehen lassen. Denn bei allem Angelernten, von dem Jean spricht, müßte die Maske merkbar sein. Elisabeth Rass hingegen schien mit dem Fräulein JuUe gut zurechtzukommen, die gequälte Frau war glaubwürdig.

RUDOLF KELLERMAYR

Cortis „Giovanni“

(Opernhaus Graz; „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart) Viel gibt es zu entdecken in Axel Cortis aufregender Interpretation: Zusammenhänge, die in der konventionellen Aufführungspraxis übersehen wurden, neue Erfindungen und zeitliche Projektionen, die allerdings manchmal die Rezeptionsfähigkeit des Publikums zum Nachteil der Musik usurpieren. Was zunächst wie ein manierierter Verfremdungsgag aussieht, nämlich die Transposition der Handlung in die von Corti oftmals ausgeleuchtete Zwischenkriegszeit, entpuppt sich bald als faszinierend stimmige Möglichkeit der Deutung. Ein mit Brettern vernageltes Herrenhaus für den Komtur, ein leicht ramponierter Kino-und Tanzpalast als Giovannis Schloß, wo sich beim grandiosen ersten Finale die Tanzformen der dreißiger Jahre zu Mozarts Menuett summieren: eine sehr direkt geschilderte, fast „mafiose“ Welt im Umbruch, deren Treiben sich bis in den Zuschauerraum fortsetzt.

Nur zweimal bricht Corti aus der stilistischen Konsequenz aus: im konventionellen Auftritt der „maschere“ und in der mit allem barocken Theaterzauber exekutierten Höllenfahrt. Danach schickt er - in der „scena ultima“ - die Figuren auf die Wanderschaft zum blauen Horizont einer sonnigen heilen Welt. Kongenial die Bühnengestaltung durch Jörg Koßdorff, der in Zitaten der rea-Hstischen Frauenbilder von Edward Hopper schwelgt, durchaus annehmbar die musikalische Führung durch Thomas Sanderling; eine Entdeckung ist der junge Manfred Hemm als Leporello.

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