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Kinogänger für harte Filme

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Das Kinopublikum läßt sich gut charakterisieren: Es ist jung, überwiegend männlich, ledig und wohnt in der Großstadt. Es gehört keiner bestimmten Bildungsschicht an. Typische Nichtkinogänger sind verheiratet, über 30 Jahre alt und sie leben auf dem Land oder in kleineren Städten.Der Kinobesuch ist kein gesellschaftliches Ereignis, es rückt fast ausschließlich der gezeigte Film in den Mittelpunkt des Interesses. Nichtkinogänger lehnen das derzeitige Kinoprogramm ab und kritisieren wesentlich häufiger die mangelnde Ausstattung der Kinos.

Beide Gruppen stimmen darin überein, daß - vor vielem anderen - Fernsehen und Video, das

große Angebot an anderen Freizeitbeschäftigungen und die Anzahl der Kinofilme im Fernsehen schuld am Rückgang der Besucherzahlen sind.

Die Kinogänger wollen harte, aktionsreiche Filme sehen, Nichtkinogänger mögen weiche Genres wie Komödie, Naturoder historische Filme lieber. Auch Frauen bevorzugen weichere Genres. Die Interessen von Frauen und älteren Menschen werden im Kinoprogramm kaum berücksichtigt. Unterhaltung, Spannung und Humor sind die Determinanten für beliebte Filme. Im Mittelpunkt stehen die Filmeigenschaften, die affektive Bedürfnisse befriedigen wie auch Wünsche nach Entspannung und Flucht aus der Realität.

Der Ort Kino ist für Kinogänger eher nebensächlich; sie interessieren sich speziell für die

technische Einrichtung. Die Nichtkinogänger stellen hingegen wesentlich höhere Ansprüche: Freundliches Personal, gutes Service, bequeme Sitze, Garderobe....

Um neue Zuschauerschichten zu gewinnen, müssen sich nicht nur die Kinobesitzer, sondern auch die Produzenten und Verleiher anstrengen:

- Komödien, historische Filme und Literaturverfilmungen können neue Zuschauerschichten (insbesondere Frauen und Leute über 30 Jahre) erschließen. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der angesichts der Bevölkerungsentwicklung bedeutend ist. Die Kinozielgruppe Jugend wird in den kommenden Jahren immer mehr schrumpfen.

- Außerhalb der Großstädte muß das Kinoprogramm attraktiver werden. Die Erstaufführungen müssen „gerecht“ verteilt werden, um wieder Besucher aus allen Regionen zu gewinnen.

- Die Filmtheaterbesitzer müssen zunächst einmal ihre Kinos „auf Vordermann“ bringen. Schachtelkinos, Schmutz und schlechtes Service ziehen keine neuen Zuschauer an. Der Kinobesuch muß wieder zu einem gesellschaftlichen Ereignis werden. Die Chance des Kinos der Zukunft ist es, ein Ambiente ähnlich dem des Theaters oder des Konzertsaals ohne falsche „elitäre“ Ansprüche zu bieten.

Zusammenfassung einer Untersuchung der Hochschule für Fernsehen und Film (München) in ausgewählten Modellregionen in Bayern, präsentiert während der Münchner Medientage im Oktober 1989.

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