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„Die Morddrohungen gegen mich, die gehen in den Geschäftsgang.“ Soll heißen: Es sind so viele, sie gehören zum business as usual. Dieser Satz der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker geht mir nicht aus dem Kopf. Sie hat den Messerangriff eines Rechtsextremen überlebt. Anfang Juni wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses mit einem Kopfschuss ermordet.

Der CDU-Politiker hatte sich wie die parteilose Reker für die Aufnahme von Flüchtlingen stark gemacht. Beide waren deshalb verbal an dem modernen Pranger hingerichtet worden, den unsere Gesellschaft im Internet errichtet hat. Bei beiden fanden sich Täter, die die ekligen Phantasien in die Realität umsetzen wollten. Im Fall Lübcke hat der Verdächtige nun eine Geständnis abgelegt. Es ist dies der erste rechtsextremistisch motivierte Mord an einem Politiker in Deutschland seit 1945. Rechtsterrorismus! Wir Deutsche sind geschockt. Mit Linksterrorismus dagegen sind Generationen aufgewachsen.

Auch meine Kindheit und Jugend waren geprägt von den Fahndungsplakaten mit den Gesichtern der RAF-Terroristen. Aber Rechtsterrorismus? Da schien Deutschland immun zu sein. Spätestens seit den zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, NSU, der viel zu lange unerkannt vom Sicherheitsapparat wüten konnte, wissen wir es besser. Jetzt muss dieses Wissen endlich in Handeln umgesetzt werden. Es darf nicht sein, dass die Liste der mit Haftbefehl vergeblich gesuchten Neonazis immer länger wird. Dass bereits vom Verfassungsschutz beobachtete Personen vom Radar verschwinden. Die Behörden müssen beweisen, dass sie auf dem rechten Auge nicht blind sind. Aber auch unsere Gesellschaft ist in der Pflicht. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass all der Hass, Antisemitismus und die Morddrohungen in den unsozialen Netzwerken zu unserem Alltag werden.

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